Wenn die Freiheit zum Feind wird: Europa hat gezeigt, dass sich die Ideen von Marx nach wie vor bester Gesundheit erfreuen. Die „ungewaschenen Massen“ schlucken die Propaganda, dass die Reichen einfach mehr zahlen müssten und alle Probleme gelöst seien. Sie haben nicht die leiseste Ahnung davon, womit wir es hier eigentlich zu tun haben, was auch der Grund dafür ist, warum es für uns kein Entrinnen gibt

Martin Armstrong, Martinarmstrong.org, 14.05.2012

Die Märkte haben die aktuellen Entwicklungen in Europa einfach ignoriert und sind bisher nicht überzeugt davon, dass sie irgendwelche inflationären Auswirkungen zeitigen werden. Da braucht man nur auf den Goldmarkt zu schauen.

Europa erhebt sich und verwirft die Idee der Austerität, während gleichzeitig die Lehren des Marxismus gefeiert werden. Erstmals seit 24 Jahren hat Frankreich wieder einen sozialistischen Präsidenten gewählt, und Athen wurde bei Demonstrationen bereits abgefackelt.

Wir nähern uns nun immer stärker einer entscheidenden Weggabelung unserer Zivilisation an, und es besteht die Gefahr, dass es zu einem heftigen Linksruck kommen wird, wenn das Ganze zusammenkracht. Dafür muss man sich lediglich all die Gesetze anschauen, die von der US-Regierung zurzeit verabschiedet werden. Stück für Stück wird die US-Verfassung eingestampft. Die US-Bürger haben in den letzten paar Jahren eine Vielzahl an Rechten eingebüßt. Das Amerika, das es einst gab, ist Geschichte.

Der Trend weist ganz unzweideutig in Richtung einer autoritären Regierung, und der Grund für diese Hinwendung in Richtung des Lala-Lands namens Marxismus – ungeachtet der Tatsache, dass der Marxismus bereits scheiterte – besteht darin, dass die Regierungsinsider fest entschlossen sind, ihre Macht mit allen Mitteln aufrecht zu erhalten.

Wir haben es hier mit dem klassischen Kampf zwischen Gut und Böse zu tun, der sich auf der großen Bühne des Lebens abspielt. Eines der Zehn Gebote ist: „Du sollst nicht nach dem Haus deines nächsten verlangen.“ Man soll also nicht nach den Gütern seines Nachbarn trachten. Doch genau das ist Sozialismus – nach dem Eigentum von jedem zu trachten, der mehr besitzt als der Normalbürger.

Das ist auch der Grund, warum der Sozialismus so inhärent böse ist. Er verstößt gegen jedes zivilisatorische Prinzip – denn warum sollen sich Menschen einvernehmlich zusammenfinden, wenn sie auf Verlangen anderer unfair behandelt werden.

Die „ungewaschenen Massen“, wie die Bevölkerung seit Jahrhunderten in den inneren Zirkeln der Elite genannt wird, sind blind, taub und dumm. Wie sagten die römischen Politiker einst: Gebt ihnen Weiber und Brot und sie werden uns blindlings in Ruhe lassen.

Europa hat gezeigt, dass sich die Ideen von Marx nach wie vor bester Gesundheit erfreuen. Die „ungewaschenen Massen“ schlucken die Propaganda, dass die Reichen einfach mehr zahlen müssten und alle Probleme gelöst seien. Sie haben nicht die leiseste Ahnung davon, womit wir es hier eigentlich zu tun haben, was auch der Grund dafür ist, warum es für uns kein Entrinnen gibt.

Was die Welt nicht begreift, ist die schlichte Tatsache, dass das Spiel aus ist. Es gibt keine Möglichkeit mehr, diesen Albtraum noch irgendwie gerade zu biegen, denn wenn man seine Träume verwirklichen will, muss man zunächst einmal wach sein. Und was das anbelangt, verstehen weder die Politiker noch die Medien die wahre Natur des Problems – warum also sollten die „ungewaschenen Massen“ es begreifen?

Selbst wenn wir einen ausgeglichenen Staatshaushalt hätten, müssten die gesamten Ausgaben zurückgefahren werden, um die Zinsen zu bedienen, die letztlich alles verschlingen würden. Ein staatlicher Goldstandard würde ebensowenig funktionieren – und zwar aus genau demselben Grund, weshalb der Goldstandard zwischen 1944 und 1971 nicht in der Lage war, Haushaltsdisziplin zu erzwingen. Das Einzige, was mit einem Goldstandard erreicht würde, ist, dass wir dadurch gezwungen wären, die Banker in Gold auszuzahlen … Was?! …

Und jetzt haben wir in Frankreich François Hollande, der nie ein gewähltes nationales Amt von Bedeutung innehatte, obwohl er bereits über ein Jahrzehnt im Zentrum französischer Politik stand. Hollande führte die Sozialistische Partei elf Jahre an, auch als Ségolène Royal im Präsidentschaftswahlkampf 2007 gegen Sarkozy scheiterte.

Nun ja, Hollande entspricht nicht gerade amerikanischen Standards. Er war nie verheiratet, hatte aber eine drei Jahrzehnte währende Beziehung mit Royal, aus der vier Kinder hervorgingen. Hollande und Royal trennten sich 2007, und heute ist er mit einer Journalistin namens Valérie Trierweiler zusammen, die auch am Sonntag gemeinsam mit ihm bei seiner Siegesfeier auftrat.

Hollande brachte die Märkte umgehend in Bewegung, als er während seiner Siegesrede einen an Deutschland und die deutsche Bundeskanzlerin gerichteten Warnschuss abgab und erklärte: „Austerität darf nicht länger etwas sein, das Unvermeidlich ist.“

Interessant ist, dass Hollande erst dann als Kandidat für seine Partei ins Gespräch kam, als Dominique Strauss-Kahn politisch kaltgestellt worden war. Strauss-Kahn wurde im Mai 2011 verhaftet, nachdem er angeblich versucht hatte, ein Zimmermädchen zu vergewaltigen. Kurioserweise wurden die Anschuldigen gegen den früheren IWF-Chef in den USA später jedoch fallengelassen.

Strauss-Kahn trat am 28.09.2007 mit Rückendeckung von Frankreichs Präsidenten Nikolas Sarkozy das Amt des IWF-Chefs an. Am 18.05.2011 trat Strauss-Kahn dann aufgrund des Sex-Skandals zurück. Das scheint alles ziemlich merkwürdig, denn es sah ganz danach aus, als würde Strauss-Kahn als Spitzenkandidat der Sozialisten den Amtsinhaber Sarkozy schlagen.

Und obwohl die USA die Anschuldigungen fallen ließen und erklärten, dass das Zimmermädchen nicht glaubwürdig sei, nachdem man ihre Telefongespräche mit ihrem im Gefängnis sitzenden Freund abgehört hatte, wo besprochen wurde, wie viel Geld sie machen würde, kamen auf einmal aus Frankreich Warnungen, dass gegen Straus-Kahn aufgrund von Anschuldigen, er sei an einem Zuhälter-Ring beteiligt gewesen, in seinem Heimatland Ermittlungen eingeleitet werden könnten.

An der Geschichte stimmt etwas nicht, da Sarkozy von Strauss-Kahn geschlagen worden wäre. Überdies hatte man hinter den Kulissen Befürchtungen, Strauss-Kahn würde sich den New Yorker Bankern in den Weg stellen. Eliot Spitzer, der ehemalige New Yorker Generalstaatsanwalt, wurde ebenfalls mithilfe eines Sex-Skandals – weil er eine Prostituierte bezahlt hatte – zu Fall gebracht, zufällig genau zu dem Zeitpunkt, als er gerade den Direktor von AIG, Maurice Greenberg, zum Rücktritt gezwungen hatte und sich zunehmend in der Rolle des Aufräumers von Wall Street sah. Es scheint, als würde jeder, der sich gegen New York erhebt, fertig gemacht.

Hollande ist einfach gesagt eine weniger charismatische Persönlichkeit als Strauss-Kahn. Hinter den Kulissen ist man mit Sicherheit nicht davon ausgegangen, dass Hollande für Sarkozy zu einer ernsten Gefahr werden würde. Die echte Gefahr war Strauss-Kahn. Jeder der glaubt, dass die Strippenzieher in diesem Bereich nicht Gott spielen würden, ist schlichtweg naiv. Es könnte durchaus sein, dass hier einfach das völlig Unerwartete eintrat!

Hollande ist nach dem verstorbenen Mitterand der erste sozialistische Präsident Frankreichs seit 24 Jahren, und der ruhige Mann der französischen Politik sorgt nun für eine erhebliche Eintrübung der Erwartungen in Europa. Als neuer französischer Präsident will er den Fiskalpakt – der für das Überleben der europäischen Einheitswährung als so entscheidend erachtet wird – neu verhandeln. Er verlangt, dass man sich beim Fiskalpakt stärker auf eine wachstumsorientierte Politik konzentriert.

Angela Merkel erwiderte in einer Regierungserklärung, dass es keine Alternative gegenüber den Einsparmaßnahmen und schmerzlichen Defizitreduzierungen gäbe und warnte, dass „Wachstum auf Pump“ Europa vernichten würde.

Die deutsche Austeritätspolitik ist aber ebenfalls gescheitert und droht das politische Gerüst Europas und Europa als Ganzes zu vernichten. Der deutsche Vorschlag, den 25 europäischen Ländern Austerität und Haushaltsdisziplin aufzuerlegen, wird scheitern und Europa auseinanderbrechen lassen. Und angesichts der aktuellen Situation ist es auch wahrscheinlich, dass der Fiskalpakt noch nicht einmal ratifiziert werden wird.

Angela Merkel wandte sich mit der unverblümten Botschaft an Frankreich und Griechenland, dass sie die Sparpolitik nach den Wahlen nicht aufgeben sollten, und erklärte:

„Die Überwindung der Staatsschuldenkrise in Europa kann und wird nicht über Nacht erfolgen, auch nicht mit dem – sosehr wir uns das wünschen – alles befreienden Paukenschlag … Wachstum durch Strukturreformen, das ist sinnvoll, das ist wichtig, das ist notwendig, Wachstum auf Pump, das würde uns wieder an den Anfang der Krise zurückwerfen. Deshalb dürfen wir genau das nicht machen, und wir werden es auch nicht machen.“

In Griechenland klammert man sich unterdessen an die Hoffnung, dass es doch noch irgendwie zu einer Regierungsbildung kommen könnte, nachdem sich die Anführer der zwei sozialistischen Parteien zur Zusammenarbeit bereiterklärten, um den Euro zu behalten. Einerseits möchte das hochverschuldete Griechenland im Euro und der Europäischen Union verbleiben, andererseits sind sie darauf aus, die härtesten von der EU auferlegten Austeritätsmaßnahmen neuzuverhandeln.

Die Stimmung in Griechenland ist aber bereits gekippt und wird zunehmend gewalttätiger und austeritätsfeindlicher. Wir haben ja im Februar dieses Jahres bereits mitverfolgen können, wie Athen in Flammen stand. Mindestens 150 Geschäfte wurden geplündert und 48 Gebäude in Brand gesteckt. Hierzu gehörte auch eines der ältesten Kinos der Stadt. 100 Menschen (darunter 68 Polizisten) wurden verletzt und 130 festgenommen.

Der französische Präsident Hollande erklärte unmissverständlich:

„Europa schaut auf uns. In dem Moment, wo ich als Präsident ausgerufen wurde, war in vielen europäischen Ländern – da bin ich mir sicher – Erleichterung und die Hoffnung, dass die Idee der Austerität nicht mehr länger unvermeidlich ist, und meine Aufgabe ist es, dem europäischen Konstrukt den Traum des Wachstums zu vermitteln.“

Wir haben es hier mit dem Kampf zwischen Gut und Böse zu tun. Die gesamte Welt basiert auf Schulden, und es hat nie auch nur irgendeinen Plan gegeben, diese Gelder je wieder zurückzuzahlen. Man hat uns hier an den Rand des Untergangs manövriert, und solange wir uns dieser Tatsache nicht bewusst werden, besteht für uns keine Aussicht darauf, diese Staatsschuldenkrise zu überleben.

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