James E. Miller, Mises.ca, 08.07.2012
Im Interview mit dem bekannten libertären Radio-Moderator Stefan Molyneaux präsentierte der Wirtschaftshistoriker Toom Woods eine exzellente Analogie dafür, wie die amerikanische Öffentlichkeit reagieren würde, wenn die Schulen ausschließlich von Walmart betrieben und nicht unter staatlicher Leitung geführt würden:
„Nehmen wir einmal an, die meisten Kinder würden nicht in staatlich finanzierten Schulen gelehrt, so wie das bei der Mehrzahl der Fall ist, sondern gehen wir einmal davon aus, dass sie in von Walmart gegründeten Schulen gelehrt würden. Und die Kinder gehen jeden Tag in die Schule, in ihre Walmart-Klassenzimmer und blicken auf die Bilder an der Wand, wo die Firmenchefs von Walmart paternalistisch auf sie herabblicken, während ihnen gelehrt wird, Lieder über die Größe und Bedeutung der Walmart-Chefs zu singen.
´Ja, wo wären wir nur ohne sie!` ´Wir würden alle für einen Dollar am Tag im Bergwerk schuften`, und all diese schrecklichen Dinge würden uns widerfahren … Und dann bekommen sie jedes Jahr einen Tag schulfrei, wo sie nach Hause fahren und dort von der Größe der Walmart-Chefs berichten.
Also ich glaube, wir würden das alle ziemlich schräg finden, wenn dem wirklich so wäre …“
Woods spielt natürlich auf das an, was sich heutzutage in den staatlichen Schulen beobachten lässt. In den meisten Klassenzimmern finden sich Portraits von Präsidenten wie George Washington und Abraham Lincoln – Bilder, die dadurch, dass sie hoch über den Köpfen der Kinder thronen, für eine Art subtile Glorifizierung sorgen. Die Kinder sind fast ein ganzes Jahrzehnt gezwungen, zur Schule zu gehen und auf diese ehemaligen Präsidenten zu starren.
Ihnen wird erklärt, dass es sich beim Präsidentschaftsamt im Gegensatz zu den vielleicht erbärmlichen Jobs ihrer Eltern um ein erhabenes Amt handelt. Die Lehrer erklären ihren Schülern, dass nur die Selbstlosesten unter ihnen nach einem politischen Amt streben werden. Am Ende wird der Staatsdienst als das bevorzugte Beschäftigungsfeld der Altruisten gepusht.
Von klein auf wird den Kindern glauben gemacht, dass der Staat als Gottesgeschenk an die Menschheit gepriesen werden müsse. Nie werden sie dazu ermutigt, die wahren Motive der Herrscherklasse zu hinterfragen, geschweige denn darüber zu spekulieren, warum der Staat überhaupt existieren muss.
Kurzum: An den staatlichen Schulen Amerikas ist der Etatismus der vorherrschende Lehrinhalt.
Bei jedem, der auf Anstand auch nur ein klein wenig Wert legt, müsste diese Zwangspropaganda eigentlich einen Würgereiz auslösen. Und obschon es in den USA keinen vollumfänglichen Schulzwang gibt, wird der Krieg gegen die Heimschüler in Bundesstaaten wie Kalifornien zurzeit immer stärker ausgeweitet. In einigen europäischen Ländern wie Deutschland ist es sogar verboten, seine Kinder selbst zu lehren.
Das Letzte, was Staatsbeamte wollen, ist eine wachsende Bewegung, die sich außerhalb ihres Indoktrinationsbereichs befindet. Wenn sich die Steuersklaven über ihren Status als Gefangene vollumfänglich gewahr werden, lassen sie sich nicht mehr so leicht ausbeuten.
Überdies ist es für den logisch denkenden Beobachter nur allzu verständlich, dass all jene, die beim Staat angestellt sind oder von staatlichen Aktivitäten profitieren, genauso eigennützig agieren wie eine Privatperson.
Aber ist ein solches System böse und verdient es, gehasst zu werden? Ist der Staat eine inhärent böse Institution, die die überwiegende Mehrheit der Menschen unterdrückt? Und sind diejenigen, die das der Gesellschaft umgelegte staatliche Stachelhalsband befürworten, in Wirklichkeit Verfechter des Bösen?
Da der Staat nur das Geld hin- und herschieben kann, das er zuvor auch konfisziert hat, produziert er in Wirklichkeit rein Garnichts. Der Staat ist ein Parasit, der ganz zwangsläufig auf Kosten der unter seiner Herrschaft stehenden Bürger leben muss.
Mit dem Versprechen, die fundamentalen wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten umzustoßen, schafft die politische Klasse Rahmenbedingungen, die weit schlechter sind als das zuvor Dagewesene – was dann oftmals noch dem Wohl bessergestellter Lobbygruppen dient. Albert Jay Nock kommentiert das mit den brillanten Worten:
„Die Vorstellung, dass der Staat ins Leben gerufen wird, um irgendeine Art von gesellschaftlichem Zweck zu erfüllen, ist völlig ahistorisch. Der Staat geht auf Eroberung und Enteignung zurück – er findet seine Wurzeln also im Verbrechen. Der Zweck des Staats ist, die Spaltung der Gesellschaft in eine besitzende und ausbeutende Klasse und eine eigentumslose und abhängige Klasse aufrecht zu erhalten – es ist also ein verbrecherischer Zweck.
In der Geschichte ist kein einziger Staat bekannt, der auf andere Art entstanden ist, der aus irgendeinem anderen Grund ins Leben gerufen wurde. Und wie bei allen räuberischen oder parasitären Institutionen ist sein Haupttrieb der des Selbsterhalts. All seine Anstrengungen zielen zunächst einmal auf den Erhalt der eigenen Existenz ab, und danach wendet er sich in zunehmendem Maße der Ausweitung seiner eigenen Macht und der Ausdehnung des Umfangs seiner Aktivitäten zu.“
Trotz des Hangs zur absoluten Geheimhaltung, tritt die vollständige Unaufrichtigkeit und Verachtung der Staatsbediensteten gegenüber Leben und Eigentum stets offen zutage.
Nehmen wir beispielsweise die Behandlung, die dem US-Soldaten Bradley Manning in den Händen des Militärs zuteil wurde, weil er über die Unverschämtheit verfügte, WikiLeaks Informationen bereitzustellen, die die Kriegsverbrechen des Pentagons dokumentieren. Für das Verbrechen, der amerikanischen Bevölkerung zu zeigen, was ihre eigene Regierung so treibt, wird Manning ohne Gerichtsverhandlung seit rund 800 Tagen gefangen gehalten.
Oder nehmen wir die zurzeit laufende Bewaffnung syrischer Rebellen durch den US-Auslandsgeheimdienst CIA – wo bekannt ist, dass die Rebellen genau dieselben sind, die auch für die brutale Ermordung von Zivilisten und Kindern verantwortlich zeichnen.
Und obschon einige syrische Rebellen sogar mit Al-Qaeda in Verbindung gebracht werden, können es die hochrangigen Vertreter der westlichen Regierungen (wie der US-amerikanischen und der britischen) kaum erwarten, dass der syrische Präsident Bashar al-Assad aufgrund der Gräuel, die er an seinem eigenen Volk begangen hat, aus dem Amt verschwindet.
Die Ironie ist, wie Ivan Eland, ein führendes Mitglied des Independent Institute, zusammenfasst, dass
„die Vereinigten Staaten auf direktem Wege mehr Unschuldige umgebracht haben, als es Assad jemals getan haben könnte. Die US-amerikanischen Flächenbombardements in Vietnam oder andere Angriffe, bei denen Millionen Zivilisten umgebracht wurden, konkurrieren mit der schändlichen Nazi-Vernichtung im Balkan während des Zweiten Weltkriegs. Im Koreakrieg nahmen sich die Vereinigten Staaten nordkoreanische Staudämme zum Ziel, um Ackerland zu fluten, wodurch bei den Menschen eine Hungersnot ausgelöst wurde – alles nur, um die nordkoreanischen Kriegsanstrengungen zu behindern.“
David Friedman, der Sohn des berühmten Ökonomen Milton Friedman und Verfechter des Markt-Anarchismus, erklärte einst, dass „die Unterstützung der Regierung keine absichtlich böse Tat, sondern ein intellektueller Fehler“ sei.
Das ist eine außerordentlich interessante Aussage, da sie veranschaulicht, welche Einstellung unter den Anhängern des freien Markts – die die Regierung als entsetzlich ineffizient erachten – heutzutage immer noch vorherrscht. Obwohl diese Unterstützer des Laissez-faire bedeutende Beiträge geleistet haben, um die Überlegenheit der Freiheit gegenüber staatlicher Kontrolle herauszustreichen, scheitern sie oftmals dabei, irgendwelche grundlegenden Aversionen gegenüber dem Staat zu hegen.
Das ist so, als würden sie den Steuereintreiber, der sich freudig an dem hart verdienten Vermögen anderer bedient, nicht verachten; als würden sie nicht zusammenzucken, wenn jemand erbarmungslos von einem betrunkenen Polizeibeamten zusammengeschlagen wird, nur weil dieser mit dem falschen Fuß aufgestanden ist; als würden sie nicht mitleiden, wenn unschuldige Zivilisten den endlosen Bombardements zur Schaffung der Demokratie zum Opfer fallen; als würde es sie nicht im Geringsten scheren, dass gesichtslose Bürokraten ohne Erlaubnis ihre privaten E-Mails lesen; als würde es sie nicht anwidern, dass ihnen ihre Freiheit Dekret für Dekret weggenommen wird.
Das sind keine intellektuellen Fehler. Das sind alltägliche Vorfälle, die von einer Masse an Wählern sanktioniert werden – einer Wählerschaft, die immer noch fieberhaft an die Vorstellung glaubt, dass sich die Regierung in ihrer Kontrolle befindet. Der gewöhnliche Wähler ist durch sein politisches Schmiergeld viel zu benebelt, als dass er begreifen würde, dass es das Geld seines Nachbarn ist, das er gerade in seinen Händen hält.
Immer wenn die Regierung im Namen der Freiheit an einem imperialen und opferreichen Kreuzzug teilnimmt, schert es den Wähler nicht im Geringsten, dass dieser Massenmord mit seinen Steuergeldern finanziert wird. Für ihn ist der Staat Religion und Monarch in einem. Mit seinem Vermögen, seiner Arbeitskraft und seiner Verehrung zollt er Tribut – nur damit sein Leben dann bis ins Kleinste durchkontrolliert wird.
Diese Einstellung spiegelt sich sogar in den Schriften und Analysen von Organisationen wider, die sich selbst dafür feiern, einen überbordenden Staat zu bekämpfen. Die Autoren sitzen dem Irrglauben auf, dass es sich beim Staat um eine Institution handelt, die verbessert werden könnte; dass es sich beim herrschenden Establishment nicht um eine boshafte Bande von Verbrechern und Ganoven handelt, deren einziger Lebensunterhalt darauf basiert, wie stark sie die Öffentlichkeit in den Gehorsam treten; oder dass verschiedene zentralplanerische Staatskonzepte ihre Wurzel nicht in dem kranken Wunsch der Bürokraten finden, der Gesellschaft ein Stachelhalsband umzulegen.
Der Staat ist nicht etwas, das man einfach passiv als Nebenprodukt fehlgeleiteter Menschen akzeptiert. Der Staat ist ein im großen Stil durchgeführter institutionalisierter Betrug. Um die Autorität des Staats auszuweiten, werden die Beamten nicht zögern, zu morden, zu stehlen, zu lügen und alle Anstandsregeln über Bord zu werfen. Allein im 20. Jahrhundert gingen weltweit schätzungsweise rund 173 Millionen Tote auf das Konto von Regierungen.
Die Lehre, die sich aus all dem ziehen lässt, ist unglaublich einfach: Solange man von der Verschwendung des Staats nicht direkt profitiert, wird man in einem Maße ausgepresst und abgezogen, dass es sich praktisch der Vorstellungskraft entzieht.
Das Geld, das man in seiner Brieftasche mit sich führt, wird fortwährend zum Wohl des riesigen, zum Kartell zusammengeschlossenen Bankensektors entwertet. Man wird gezwungen, Kriege zu finanzieren, die einen zwar kein bisschen sicherer machen, mit denen aber eine ganze Branche am Leben erhalten wird, die sich ausschließlich darauf spezialisiert hat, Todesmaschinen zu produzieren. Man wird davon abgehalten, bestimmte Substanzen einzunehmen, und dank der Grundsteuer und der Gefahr der Enteignung gehören einem noch nicht einmal die eigenen vier Wände.
Und obwohl die Innovationen des Privatsektors den Lebensstandard der Menschen auf ein Niveau gehievt haben, das vor 100 Jahren noch völlig undenkbar gewesen wäre, kann man sich gar nicht ausmalen, wo die Welt in technologischer und industrieller Hinsicht heute stünde, würde sich der Staat nicht an der Vermögensbildung anderer bereichern.
Und die Krönung des Ganzen: Von Kindheit an werden der Staat und die Führer, die seine Macht vermehrten, auf ein Podest gehoben, um unhinterfragt angebetet zu werden.
Um auf unsere eingangs aufgeworfene Frage zurückzukommen: Ja, der Staat sollte gehasst werden. Man sollte ihn auslachen, ihn lächerlich machen, hinterfragen, gegen ihn protestieren und ihn als das Verbrechersyndikat erachten, das er in Wirklichkeit ist. Vor allem sollte er jedoch Abscheu in jedem hervorrufen, der es leid ist, unterdrückt zu werden.
Thomas Paine, einer der Gründungsväter der USA, sprach einst die berühmten Worte aus: „Die Regierung, sogar die beste, ist nichts anderes als ein notwendiges Übel, die schlechteste ist unerträglich.“ Ich würde ihn dahingehend korrigieren, dass die Regierung in all ihren Ausprägungen böse und zum Erhalt eines dauerhaften Friedens völlig überflüssig ist.