Ein beträchtlicher Teil der behaupteten weltweiten Goldbestände existiert gar nicht. Stellen Sie sicher, dass Ihre Investments geschützt sind, wenn sich diese Papierforderungen in Luft auflösen

Jeff Thomas, International Man, 28.01.2013

Während des Kalten Kriegs lagerte Deutschland einen Großteil seines Goldes in New York ein, für den Fall, dass die UdSSR in Deutschland einmarschiert. Zu jener Zeit ging man davon aus, dass die USA eine sichere Lagerstätte seien und man das Gold jederzeit wieder ausgehändigt bekäme, wenn man es wollte.

Die deutschen Bürger machen sich nun aber immer mehr Sorgen über die Sicherheit der 1.536 Tonnen Gold, die angeblich bei der Federal Reserve in New York verwahrt werden. Das hat dazu geführt, dass die Bundesbank mittlerweile eine Repatriierung des Goldes anstrebt und verlangt, die Reserven, die angeblich in den Kellern des Federal Reserve Gebäudes gelagert werden, in Augenschein zu nehmen.

Natürlich hat die US-Notenbank gegenüber Deutschland regelmäßig beteuert, dass das Gold noch da ist; das Thema begann aber ein wenig unangenehm zu werden, als sich die Fed weigerte, der Bitte nach einer Überprüfung der Bestände nachzukommen.

Die weltweite Öffentlichkeit begann sich zu wundern, und obwohl man bezüglich dieser Entwicklung bisher noch nicht in Panik verfallen ist, wird jetzt nicht mehr nur der Fed, sondern praktisch jeder Institution, die mit Lagerung von Gold für Dritte beauftragt ist, zunehmend mehr Aufmerksamkeit gewidmet.

Die Sorgen schwappten auch nach Österreich, wo im Parlament die Frage aufgeworfen wurde, wo das österreichische Gold gelagert wird. Die Antwort lautete, dass 80% der österreichischen Goldreserven in Gesamthöhe von 244,4 Tonnen in Großbritannien gelagert werden. Es wurde behauptet, dass, würde eine Krise ausbrechen, das Gold von London aus leichter gehandelt werden könnte als von Wien aus.

Ja das scheint vernünftig – wenn man einmal von der Tatsache absieht, dass eine Rückholung des österreichischen Goldes wohl ein wenig schwierig werden dürfte, da das Gold von Großbritannien anscheinend verleast wurde.

Und da kamen dann auf einmal Viele ins Grübeln: Das Vermögen einer anderen Nation weiterverleihen? Ist das nicht ein wenig … verantwortungslos?

Hütchenspiel

Keine Panik, das wurde schon die ganze Zeit über so gehandhabt. Fakt ist, dass das Verleasen von Gold von niemand anderem als von Alan Greenspan, dem früheren Fed-Vorsitzenden, ins Leben gerufen wurde. Das Gold wird an eine Edelmetallbank verleast, die der Fed dafür in der Regel 1% Zinsen zahlt und verspricht, es zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder zurückzugeben. Die Edelmetallbank verkauft das Gold dann im freien Markt und nutzt die Einnahmen, um damit US-Staatsanleihen zu erwerben, was ihr einen Nettogewinn von rund 3% beschert.

Und das Schönste an dieser Art von Geschäften: Der Leasinggeber kann das Gold in seiner Bilanz unter der Überschrift „Gold und Goldforderungen“ nach wie vor ausweisen – schließlich handelt es sich bei einem verleasten Vermögenswert ja immer noch um einen Vermögenswert, selbst wenn er vom Leasingnehmer bereits weiterverkauft wurde.

Und das heißt im Grunde, dass der Goldbarren, den Sie heute gekauft haben, wohlmöglich einer der Barren ist, der vor Jahrzehnten von der Bundesbank bei der US-Notenbank eingelagert wurde und in der Bilanz der Fed nun als „Gold und Goldforderung“ auftaucht.

Die US-Notenbank und Sie behaupten also, ein und denselben Goldbarren zu besitzen. Logisch, in Wirklichkeit gibt es natürlich nur einen echten Barren, bei dem anderen handelt es sich schlicht um eine Forderung, also lediglich um einen Vermögenswert auf dem Papier. Und das bedeutet natürlich auch, dass es weltweit viel weniger Gold gibt, als behauptet wird. Wie viel weniger? Dazu können Sie gerne Ihre eigene Schätzung abgeben.

Die Risiken

Aber selbst wenn plötzlich alle wüssten, dass die Fed und andere lediglich Papier halten, anstatt das physische Gold, könnten wir nicht trotzdem weitermachen wie bisher? Was könnte schiefgehen? Im Folgenden finden Sie einige Möglichkeiten:

  • Käme es zu einem dramatischen Goldpreisanstieg, während der Leasinggeber die Edelmetallbank auffordert, das Gold zurückzugeben, könnte es ohne Weiteres passieren, dass die Edelmetallbank bei weitem mehr Geld verliert, als die 2% oder 3% Gewinn, die sie mit dem Geschäft gemacht hat.
  • Käme es zu einem Anleihecrash mit einsetzender Hyperinflation könnten die Anleihen, die von der Edelmetallbank gekauft wurden, wertlos werden.
  • Würden die Länder, die ihr Gold in London und New York eingelagert haben, um es in Sicherheit zu bringen, die Auslieferung ihrer Goldreserven verlangen, könnten die mit der Lagerung beauftragten Banken das Gold nur ausliefern, wenn sie es zuvor zum aktuellen Goldpreis am Markt aufgekauft haben. Wenn der aktuelle Goldpreis dann bedeutend über dem Preis liegt, zum dem die Edelmetallbanken das Gold geliehen haben, würden die mit der Lagerung betrauten Zentralbanken erhebliche, wenn nicht gar untragbare Verluste machen.

Also es gibt da schon ein paar Risiken.

In der jetzigen Situation gibt es eine Vielzahl möglicher Auslöser, die dazu führen könnten, dass die Menschen in Deutschland, Österreich oder einer Reihe anderer Länder verlangen, dass das Gold nach Hause gebracht wird – und der Druck wächst zusehends. Die Regierungen, die ihr Gold aus Sicherheitsgründen im Ausland gelagert haben, müssten ihrer Wählerschaft dann jede Menge Fragen beantworten, warum die mit der Goldlagerung betrauten Banken das Metall nicht herausgeben.

Und, ist die Zeit bereits reif dafür, dass die Lage eskaliert? Nein, noch nicht. Bevor es soweit ist, werden die US-Notenbank und andere noch ein wenig ihre Show abziehen.

Die Fed hat ja bereits erklärt: „Tut uns leid, aber wir können Ihnen das gesamte Gold nicht mit einem Mal aushändigen, wir sind aber durchaus bereit, es Ihnen über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg auszuliefern.“

Viele Beobachter haben den Punkt schon überschritten, wo sie sich über solche Dinge noch gewundert haben. Es ist völlig offenkundig, dass die Goldmenge, die zurzeit angeblich von den weltweiten Banken gehalten wird, aufgebauscht wurde.

Die Farce aufrechterhalten

Normalerweise müsste die Bundesbank sagen: „Ja es tut uns leid, aber das reicht uns nicht. Es ist unser Gold. Wir erklärten Ihnen, wie viel wir davon zurückhaben wollen, und müssen auf die umgehende Auslieferung bestehen.“

Würde die Bundesbank diesen völlig logischen Schritt gehen und die US-Notenbank sich weigern, könnte es zu einem Bank-Run kommen, und es bestünde die sehr reale Möglichkeit, dass im Hinblick auf Gold innerhalb von 24 Stunden ein weltweiter Bankfeiertag ausgerufen wird.

Die Bundesbank wird das aber nicht verlangen. Hier geht es weder um Logik, noch um verantwortungsvolles Handeln. Das Ziel besteht darin, das bestehende Affentheater, das sich zurzeit in der Bankenwelt abspielt, weiter aufrechtzuerhalten. Die Bundesbank fürchtet sich ebenso sehr vor einem Bank-Run wie die US-Notenbank, weshalb die Bundesbank auch gewillt ist, die Bedingungen der US-Notenbank zu akzeptieren.

Man sollte aber die Hauptursache der Anfrage der Bundesbank im Hinterkopf behalten. Der Wunsch, das Gold zu repatriieren, stammt ja nicht von der Bundesbank selbst. Es war die deutsche Bevölkerung, die, völlig richtig, bezüglich der Tatsache, dass das Gold bereits seit so langer Zeit in New York gelagert wird, misstrauisch wurde und eine Rückholung verlangt. Nicht die Banken wollen die Situation wieder geraderücken. Nicht eine einzige Bank ist darauf aus, dass die unangemessenen Aktivitäten einer anderen Bank aufgedeckt werden. Die Loyalität einer Bank gilt den anderen Banken, nicht ihren Bankkunden.

Und, war es das jetzt? Ist das das Letzte, was wir zu diesem Thema gehört haben? Ich glaube nicht. Die Katze ist bereits aus dem Sack, und das Misstrauen und die Unsicherheit der Bankkunden dürften kaum noch einzudämmen sein. Die Spannungen unter den Bankkunden werden weiter zunehmen, und an irgendeinem Punkt wird die Lage eskalieren.

All jene, die ihr Gold aktuell bei einer Finanzinstitution halten, sind gut beraten, die Situation ganz genau im Auge zu behalten. Wer Gold bei einer Bank hält – wo auch immer –, sollte darüber nachdenken, es sich ausliefern zu lassen. Ganz gleich in welcher Form man sein Gold auch hält – ob nun bei börsennotierten Edelmetallfonds oder als bei den Banken hinterlegtes Gold –, man ist gut beraten, sich mit den Risiken der Lagerung auseinanderzusetzen. Und wer das tut, könnte durchaus zu der Schlussfolgerung gelangen, dass ein Goldkonto in, na sagen wir, in New York oder London riskanter ist als eines bei einer Schweizerischen Bank. (Nicht alle Banken werden denselben Risiken ausgesetzt sein.)

Und wer seine Investments gänzlich aus den mit Banken in Zusammenhang stehenden Edelmetallbeständen abziehen will, sollte nicht zu lange damit warten. Diejenigen, die versuchen, ihr Vermögen einen Tag nach einem Bank-Run abzuziehen, werden gewiss schlechter dran sein als diejenigen, die versuchen, ihr Vermögen einen Tag vor einem Bank-Run abzuziehen.

Darüber hinaus lohnt es sich, darüber nachzudenken, ob ein möglicher Bank-Run systemisch werden könnte, es also bei allen Bankaktivitäten – nicht nur denen im Hinblick auf Gold – zu einem Bankfeiertag kommt und die Gelder, die wir auf den Konten haben, einfach eingefroren werden. Man könnte hier zu der Schlussfolgerung gelangen, dass es Sinn macht, in einer Bank nur so viel Geld zu halten, dass man in der Lage ist, die laufenden Rechnungen zu bezahlen – ein Betrag, der ausreicht, um damit ein paar Monate lang durchzukommen.

Es könnte durchaus sein, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft feststellen werden, dass ein beträchtlicher Teil des weltweit angeblich gehaltenen Goldes „verschwinden“ wird. Und obwohl wir den Ausgang dieser Entwicklung nicht kontrollieren können, sind wir in der Lage, dass Gold, das in unserem Namen gehalten wird, vor dem Verschwinden zu bewahren.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner