Nigel Farage im Interview mit The Daily Bell

Anthony Wile, The Daily Bell, 03.03.2013

Einleitung: Nigel Farage ist seit 2010 Vorsitzender der britischen Unabhängigkeitspartei (UKIP) und Mitglied des Europäischen Parlaments für South East England. Er ist auch einer der beiden Vorsitzenden der euroskeptischen Europe of Freedom and Democracy Group. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern von UKIP und war einst Mitglied der Konservativen Partei, trat dort jedoch 1992 aus, nachdem Großbritannien den Maastricht-Vertrag unterzeichnet hatte, der zur Schaffung der Europäischen Union und des Euros führte.

Daily Bell: Sie sind der Führer der britischen Unabhängigkeitspartei. Wie kam es dazu?

Nigel Farage: Das ist meine zweite Amtszeit. Die erste war 2006 bis 2009. Die Mitglieder haben mich gewählt.

Daily Bell: Wofür steht UKIP politisch?

Nigel Farage: Für Unabhängigkeit von der EU und die Fähigkeit, unsere eigenen Gesetze zu machen und unsere eigenen Grenzen zu kontrollieren. Unser Wachstum ist in den letzten zwei Jahren riesig gewesen. Speziell die Tories nehmen uns als Bedrohung wahr, aber wir nehmen auch den anderen Parteien Stimmen ab.

Daily Bell: Bitte erzählen Sie uns etwas über Ihre Kindheit und Jugend.

Nigel Farage: Ich wuchs in einem kleinen Dorf in Kent auf, wo ich heute immer noch lebe. Nachdem ich am Dulwich College war, ging ich mit 18 Jahren an die Londoner Metallbörse.

Daily Bell: Sie hatten einen schrecklichen Flugzeugunfall. Erzählen Sie uns darüber und beschreiben Sie, was das für Sie bedeutet hat. Glauben Sie, es war ein Unfall? Haben Sie aufgrund ihrer marktwirtschaftlichen Auffassungen viele Feinde?

Nigel Farage: Der Absturz war ein Unfall, keine Verschwörung. Und obwohl es mich schwer erwischt hatte, bin ich glücklich, dass ich noch am Leben bin, und auch enorm dankbar dafür.

Daily Bell: Sie haben eine große Affinität zur City of London. Warum?

Nigel Farage: Generationen meiner Familie haben in der City gearbeitet.

Daily Bell: Wie ist es, Abgeordneter des Europäischen Parlaments zu sein?

Nigel Farage: Ich verspüre keine große Zuneigung zu den EU-Institutionen.

Daily Bell: Haben Sie sich angesichts der Dinge, die Sie über die Spitzen-Eurokraten sagen, jemals Sorgen um Ihre eigene Sicherheit gemacht?

Nigel Farage: Ja, ich bin mir durchaus bewusst, dass ich ihnen ein Dorn im Auge bin.

Daily Bell: Wie gelingen Ihnen diese großartigen Reden? Verwenden Sie Notizen? Üben Sie? Sie gehören zu den besten Rednern, die wir jemals gesehen haben.

Nigel Farage: Ich denke sehr lange und eingehend über meine Reden nach, schreibe ein paar Notizen zusammen, trete nach vorne und mache es dann einfach.

Daily Bell: Was ist Ihre Meinung zur Europäischen Union? Könnten Sie das bitte zusammenfassen?

Nigel Farage: [Die EU] ist wie Kommunismus, es ist eine gute Idee, die voll nach hinten losging. Der Euro wird einen langsamen, siechenden Tod erleben, der der Eurozone ein verlorenes Jahrzehnt bescheren wird. Die Staatsausgaben unter Kontrolle zu bekommen, ist von entscheidender Bedeutung. Für die südliche Eurozone hat eine Abwertung [des Euros] aber höhere Priorität. Kompetent oder nicht, der Euro ist ein entsetzliches Fehlkonstrukt.

Daily Bell: Braucht die Welt Zentralbanken?

Nigel Farage: Ja, aber welche, die den Wert des Geldes stärker respektieren. Wir sind entsetzlich geführt worden und jetzt völlig hilflos, wenn es darum geht, die Dinge wieder geradezurücken. Ich verachte das Ausmaß an staatlicher Kontrolle und Unterdrückung der Redefreiheit.

Daily Bell: Funktioniert das Gesundheitssystem in Großbritannien?

Nigel Farage: Wir bekommen keinen Gegenwert für unser Geld.

Daily Bell: Was ist mit dem britischen Bildungssystem?

Nigel Farage: Das ist ein Totalreinfall, bei dem die Standards fortwährend abgesenkt werden.

Daily Bell: Ist es in Großbritannien heutzutage einfacher oder schwerer eine Firma aufzumachen?

Nigel Farage: So schwer wie nie zuvor. Ich würde es hassen, wenn ich heute noch einmal anfangen müsste.

Daily Bell: Warum gibt es in London so viele Kameras? Warum das Misstrauen und was ist der Grund dafür?

Nigel Farage: In der Theorie sind sie wegen der Kriminalität da. In der Praxis hat es nichts gebracht.

Daily Bell: Sind Sie Royalist? Ist die Königsfamilie ein Problem?

Nigel Farage: Ich stehe voll hinter der konstitutionellen Monarchie. Sie ist populärer denn je.

Daily Bell: Was halten Sie von David Cameron?

Nigel Farage: Er ist ein Status-Quo-Anführer des Establishments, zu einer Zeit, wo wir Radikalismus brauchen.

Daily Bell: Was halten Sie von Nick Clegg?

Nigel Farage: Er ist ganz nett, aber hat sich vollumfänglich einer schlechten Politik verschrieben.

Daily Bell: Ist die Koalition zwischen den Liberaldemokraten und den Tories ein Erfolg gewesen?

Nigel Farage: Nun ja, bisher hat sie gehalten, was eine Art von Erfolg ist. Zum Glück sind jetzt beide Parteien sozialdemokratisch. Beide Parteien glauben an die EU und die Erderwärmung. Aber die Tories sind gespalten. Ihre Führung besteht jetzt aus Sozialdemokraten, aber die Basis ist eher wie UKIP. Cameron liebt den überfürsorglichen Staat.

Daily Bell: In Großbritannien, so scheint es, sprechen die Tories für die Geldklasse, während Labour für die Gewerkschaften spricht. Wer spricht für das Volk, das mit dieser Klassenteilung nichts zu tun haben und stattdessen sehen will, dass die Wirtschaft brummt – also ungefähr die Art, wie Margaret Thatcher dachte?

Nigel Farage: UKIP!

Daily Bell: Wie würden Sie Cameron mit Thatcher vergleichen? Man kann sie mögen oder verachten, doch wir haben den Eindruck, als hätte Thatcher bestimmte philosophische Prinzipien gehabt. Hat Cameron eine zusammenhängende politische Philosophie?

Nigel Farage: Die beiden kann man nicht miteinander vergleichen. Thatcher war eine Politikerin mit Überzeugungen, Cameron ist ein Karrierist. Und Clegg folgt einfach dem Weg, den die EU vorgibt.

Daily Bell: Wie geht es für UKIP jetzt weiter?

Nigel Farage: Unsere Politik wird, wie ich glaube, in den nächsten paar Jahren immer relevanter werden. UKIP ist die Hoffnung Englands, für all jene, die an Autonomie und nationalstaatliche Demokratie glauben.

Daily Bell: Ist England immer noch ein Imperium?

Nigel Farage: Nein.

Daily Bell: Wollen die Eurokraten ein Imperium schaffen?

Nigel Farage: Sie prahlen ja bereits damit, dass es ein Imperium ist. Sie glauben an die Vereinigten Staaten von Europa. Einige Kommentatoren beginnen nun auch damit, diese Punkte anzuführen.

Daily Bell: Warum berichten die britischen Medien nicht über die faschistischen Tendenzen der aktuellen politischen Klasse in Großbritannien?

Nigel Farage: Weil der überbordende Staat und die großen Medien Hand in Hand arbeiten. Aber die britische Öffentlichkeit wacht gerade auf, und die Kluft zwischen ihnen und unserer politischen Klasse wird ausgefüllt werden.

Daily Bell: Wären Sie gerne Premierminister?

Nigel Farage: Ich bin politischer Aktivist, nicht jemand, der nach hohen Ämtern strebt.

Daily Bell: Wie würden Sie Großbritannien in eine marktwirtschaftliche Richtung steuern? Was würden Sie tun?

Nigel Farage: Erstens aus der EU austreten, zweitens weltweit Freihandelsabkommen aushandeln, drittens die Steuern senken, viertens den Arbeitsmarkt deregulieren. Ich bin ein ziemlicher Fan von Milton Friedman.

Daily Bell: Macht das Internet einen positiven Unterschied für die Freiheit?

Nigel Farage: Ja, es ist riesig. YouTube hat uns wirklich dabei geholfen, unsere Botschaft zu verbreiten. Wir haben große Pläne, unsere Internetpräsenz auszuweiten.

Daily Bell: Irgendwelche anderen Punkte, die Sie machen wollen?

Nigel Farage: Am Ende gewinnt das Gute immer über das Böse!

Nachbetrachtung

Wir freuen uns, dass wir mit Nigel Farage sprechen konnten, und obwohl uns dieses Interview keine tiefgründige Perspektive liefert, dürfte es doch ein Leitfaden bezüglich der Politik und Ziele von Farage sein.

Was bei dem Gespräch mit Farage klargeworden sein dürfte, ist, dass er eine Person ist, die den Prinzipien der Marktwirtschaft in Großbritannien Geltung verschaffen möchte und überzeugt davon ist, dass das nicht passieren wird, solange Großbritannien in der Europäischen Union bleibt.

Farage’s UKIP ändert das Gesicht der britischen Politik und könnte letztlich sogar die Konservative Partei ersetzen, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt praktisch für nichts mehr steht. Die UKIP’s Mischung aus libertären Ansichten und privatwirtschaftlichen Schwerpunkten steht nicht nur der modernen britischen Politik entgegen, sondern ist überdies auch ein Hinweis darauf, dass die Menschen in zunehmendem Maße realisieren, dass das aktuelle System am Ende ist.

Farage treibt eine marktwirtschaftliche Ausrichtung voran, die sich von der gescheiterten britischen „New Labour“-Bewegung und den zersetzenden sozialistischen Einflüssen der EU losreißen könnte.

Seine Motivation beruht nicht nur auf einer Unternehmensphilosophie, sondern auch auf seinen Erfahrungen in der City of London und der Geschichte seiner Familie in der City. Das ist ein Finanzdistrikt, den er sehr gut kennt. Ein Teil seiner Motivation, warum er will, dass Großbritannien aus der EU austritt, hat auch mit seiner Sorge zu tun, dass Europa London als Finanzzentrum obsolet machen wird.

Natürlich hat The Daily Bell eine ganz eigene Meinung zur City of London, aber egal – die Anstrengungen von Farage, Großbritannien loszulösen und freier zu machen, sind auf alle Fälle begrüßenswert. Er ist eine bedeutende Figur in der britischen Opposition und je nachdem, wie sich die Dinge entwickeln, könnte er sogar zu einer historischen Figur werden.

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