Genauso wie es für Julius Cäsar kein Zurück mehr gab, als er den Rubikon überquerte, wird es auch für die Bankkunden kein Zurück mehr geben, sollte die Europäische Union ihr Versprechen bezüglich der Einlagensicherung brechen

David Franklin, Sprott Asset Management, 18.03.2013

Die Erklärung Zyperns, man beabsichtige, bei den Kunden der einheimischen Banken einen „Haircut“ durchzuführen, hat die Kreditspreads ausgeweitet und die Märkte verschreckt. Trotz der Tatsache, dass in Zypern weniger als 1 Million Menschen leben und die Wirtschaft 0,2% des Bruttoinlandsprodukts der Eurozone ausmacht, hat die Entscheidung am Montag an den Finanzmärkten für heftigen Wirbel gesorgt, und es könnte durchaus sein, dass sie das Gesicht des gesamten europäischen Bankwesens ändern wird.

Seit 2007 sind die Rettungspakete für Banken und Regierungen ja mehr oder weniger zur Normalität geworden. Sie wurden in Irland, Island, den Vereinigten Staaten, Portugal und Griechenland durchgeführt, um nur einige Länder zu nennen.

Und das Drehbuch, dem sie folgen, ist auch immer dasselbe: Die Finanzinstitutionen setzen die Einlagen ihrer Kunden ein, überschulden sich dann und kaufen Vermögenswerte zweifelhafter Qualität. Irgendwann bekommt die Bank dann Schwierigkeiten, da die Vermögenswerte im Wert einbrechen, nicht mehr verkäuflich sind oder schlicht zu einer zu großen, nicht tragfähigen Last werden. Um die Auswirkungen, die eine Bankenpleite auf das weltweite Finanzsystem hätte, zu vermeiden, einigt man sich auf ein Rettungspaket, bei der die entsprechende Regierung (oder die Regierungen) die Finanzinstitution „rettet“.

In all diesen Fällen haben die Regierungen die Einlagen der Bankkunden und/oder andere Wertpapiere garantiert, um die Finanzstabilität aufrecht zu erhalten. Es gab keine Bank-Runs – keine Panik, sein Geld unter der Matratze zu bunkern. Das Leben ging weiter wie bisher. Die jüngsten Meldungen aus Zypern ändern dieses Drehbuch aber maßgeblich.

Wie Sie mittlerweile bereits mitbekommen haben dürften, ist das zypriotische Bankensystem zusammengebrochen. Die Finanzminister der Eurozone und der Internationale Währungsfonds haben sich darauf verständigt, Zypern ein Rettungspaket in Höhe von EUR 10 Milliarden bereitzustellen. Es ist das fünfte Euroland, das vor dem Bankrott bewahrt wird, und es wäre normalerweise nicht einmal erwähnenswert, wenn die Rettung nicht auf eine ganz bestimmte Art erfolgen soll.

Die zypriotischen Bankkunden sollen nämlich ebenfalls ihren Beitrag zum Rettungspaket leisten, ob sie das nun wollen oder nicht – ihnen wird überhaupt keine Wahl gelassen. Die zypriotischen Banken werden eine Kapitalspritze erhalten (ein Rettungspaket), aber den Bankkunden wird ein Haircut aufgezwungen – ein Verlust zwischen 7% und 10% des Werts ihrer einzelnen Bankkonten.

Die offizielle Bezeichnung dieser Enteignung ist „Bankenabgabe“. Bei Konten bis zu EUR 100.000 (die Grenze für die Einlagensicherung) soll sie 6,75% betragen und 10%, wenn mehr Geld auf dem Konto liegt. Und es scheint, als seien diese für die Bankkunden schmerzlichen Verluste notwendig gewesen, um von den EU-Finanzministern die Zusage für die Rettungsvereinbarung zu erhalten.

Und diese politische Unterstützung ist notwendig, da die zypriotischen Banken Vermögenswerte im Wert des Achtfachen des zypriotischen BIPs halten. Der Verlust oder die Abschreibung dieser Vermögenswerte würde das Finanzsystem der gesamten EU in Gefahr bringen.

Die Zyprioten sind Montagmorgen aufgewacht und stellten fest, dass die Banken aufgrund eines nationalen Feiertags geschlossen sind – und jetzt heißt es, dass sie wohl bis Donnerstag zu bleiben werden. Bis zu dem Zeitpunkt, wo sie wieder an ihre Bankkonten herankommen, wird es bereits zu spät sein, da die Bankenabgabe dann bereits abgezogen wurde. Und während es für die Zyprioten zu spät sein dürfte, ihr Geld abzuheben, um einen „Haircut“ zu vermeiden, gilt das nicht für andere Bankkunden der Eurozone.

Ja und warum sollte irgendein vernünftiger Bankkunde nach diesen Meldungen jetzt noch Geld in einer spanischen oder italienischen Bank lassen? Laut Bloomberg halten die italienischen und spanischen Banken gemeinsam über EUR 2 Billionen an Einlagen. Selbst wenn nur ein kleiner Prozentsatz dieser Gelder versucht, sich eine neue Heimat zu suchen, könnte das bereits zu einer ausgewachsenen Bankenkrise führen – wieder einmal.

Das zypriotische Parlament hat nur wenige Tage, um das Rettungspaket zu ratifizieren, und es ist überhaupt nicht sicher, ob es dazu kommen wird. Durch die jüngsten Nachverhandlungen sind die Bedingungen des Rettungspakets lediglich geringfügig verändert worden (so sollen die Bankkunden mit geringen Einlagen nun vielleicht nur mit 3% zur Kasse gebeten werden).

Aber die jüngsten Vorschläge enthalten immer noch eine alle Bankkunden umfassende Sonderabgabe zur Finanzierung der Bankenrettung. Sollte die Enteignung zypriotischer Bankkunden tatsächlich stattfinden, wird dies eine bedeutende Trendwende bei der anhaltenden Finanzkrise der Eurozone sein.

Genauso wie es für Julius Cäsar kein Zurück mehr gab, als er den Rubikon überquerte, wird es auch für die Bankkunden kein Zurück mehr geben, sollte die Europäische Union ihr Versprechen bezüglich der Einlagensicherung brechen. In diesem Fall werden die „staatlichen Garantien“ nicht mehr das Papier wert sein, auf dem sie gedruckt sind.

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