JT Long, The Gold Report, 20.10.2014
Könnte eine infektiöse Seuche, das Monster töten, das dem Goldpreis und dem Silberpreis nun schon seit über einem Jahr den Garaus macht? The Gold Report traf sich nach dem lebhaften Sprott Precious Metals Roundtable mit dem Anleger Eric Sprott und wollte wissen, welchen Einfluss die Tragödie in Afrika auf die Preise der Edelmetalle und die Edelmetallminenaktien haben könnte …
The Gold Report: Die Deutsche Bank warnte kürzlich in einer Mitteilung, dass der Ebola-Virus die Rohstoffmärkte – darunter auch den Gold- und den Kakaomarkt – beeinflussen könnte, sollte sich der Virus auch in den produzierenden Ländern in Westafrika, hier speziell Ghana und Mali, ausbreiten.
In einem jüngst von Ihnen verfassten Artikel mit dem Titel „Ebola, der Wendepunkt“ bedauerten Sie die Toten und sagten voraus, dass die weltweite Goldproduktion im nächsten Jahr 5% unter der diesjährigen liegen würde. Könnte es aufgrund von mit Ebola in Zusammenhang stehenden Minenschließungen tatsächlich zu einer Angebotsverknappung und einem steigenden Goldpreis kommen?
Eric Sprott: Wir haben ja heute bereits eine Angebotsverknappung bei Gold und Silber, nur dass sich das bisher nicht in Form von Preisanstiegen zeigt. Ich habe dem World Gold Council einen offenen Brief geschrieben, in welchem ich die Daten zu China in Frage stelle. Wenn man glaubt, dass die Daten der Schanghaier Goldbörse richtig sind, dann hat China über 2.000 Tonnen Gold eingeführt. 2011 lag der Verbrauch der Chinesen aber gerade einmal bei rund 1.000 Tonnen Gold. In den letzten zwei Jahren hat China also zusätzlich jedes Jahr 1.000 Tonnen Gold eingeführt – das sind 25% eines 4.000 Tonnen Markts. Wenn irgendein Land zusätzlich 25% des Ölmarkts, des Weizenmarkts oder des Orangensaftmarkts aufkaufen würde, würde der Rohstoffpreis bestimmt nicht sinken. Es ist offenkundig, dass der physische Goldmarkt keinen Einfluss auf Preisveränderungen hat.
Dasselbe sahen wir bei Silber. Letztes Jahr kauften die Inder zusätzliche 18% des Silbermarkts, trotzdem fiel der Silberpreis. Das hängt damit zusammen, dass der Silberpreis von Leuten gesteuert wird, die mit dem physischen Markt nichts zu tun haben. Ich hoffe ja, dass die US-Prägeanstalt verkünden wird, dass sie die Verkäufe von Silber in diesem Jahr aufgrund des hohen Nachfrageanstiegs aussetzen muss. Damit würde ich rechnen, wenn der US-Prägeanstalt das Silber ausgeht. Es wäre interessant, wenn jemand dieser Future-Händler die Auslieferung verlangen würde, denn ich glaube nicht, dass die US-Prägeanstalt liefern könnte.
Sollten in Afrika Minen geschlossen werden, würde das das Versorgungsproblem nur noch weiter verschärfen. Es hätte zur Folge, dass sich die Situation verändern und es zu dramatischen Preisanstiegen kommen würde, da die Menschen auf die Fundamentaldaten aufmerksam würden.
Bezüglich der Auswirkungen von Ebola konzentriere ich mich aber im Grunde eher auf die Nachfrageseite. Die Daten legen nahe, dass es schwierig werden wird, Ebola einzugrenzen. Die Sterblichkeitsrate ist unglaublich hoch und Ebola ist hochansteckend. Es ist bereits in Spanien und den USA aufgetreten. Bedauerlicherweise haben die Entscheidungsträger bei der US-Seuchenbehörde (CDC) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Lage völlig falsch eingeschätzt.
Vor vier Wochen erklärte die US-Regierung großzügig, dass sie USD 22 Millionen ausgeben wird, um in Liberia eine Einrichtung mit 25 Betten zu errichten. Was soll denn mit 25 Betten in Liberia gemacht werden! Sierra Leone hat bereits damit aufgehört, die Menschen in Krankenhäusern zu behandeln. Das Land könnte in wenigen Monaten 100.000 Ebola-Fälle haben. Die CDC geht davon aus, dass es bis zum 20. Januar zwischen 550.000 und 1,4 Millionen Fälle geben könnte – und zwar nur in diesen beiden Ländern. Es gibt nicht genug Krankenhäuser und Mitarbeiter im Gesundheitsdienst, um mit dieser Zahl von Menschen fertig zu werden.
TGR: Sie bezeichneten die weltweiten Reaktionen auf die Krise als unterirdisch. Glauben Sie, dass die Weltgemeinschaft die Sache jetzt, wo es auch in den USA Fälle gegeben hat, ernster nehmen wird?
ES: Bedauerlicherweise legen die jüngsten Ereignisse nahe, dass Reiseprotokolle, Überwachungsprogramme und das Vorgehen der Krankenhäuser nicht funktionieren. Es ist ein Inkompetenz-Schlamassel, und das geht ja im Grunde bis zu den Zentralplanern zurück, die sich auf die Wirtschaft, den Aktienmarkt und die Anleiherenditen konzentrieren. Sie vergessen dabei die Menschen und dass ihre Reaktionen völlig nutzlos sind.
Als „Ärzte ohne Grenzen“ vor Monaten schrie, sie würden mehr Hilfe benötigen, passierte nichts. Niemand hatte die einfache mathematische Gleichung begriffen, dass die Lage außer Kontrolle geraten würde, wenn man das Ganze einfach laufen lässt. In Sierra Leone und Liberia haben wir mit Sicherheit die Kontrolle verloren. Der Ebola-Virus kennt keine Grenzen, und die Wahrscheinlichkeit, dass er auf die Elfenbeinküste und nach Ghana überspringt, ist sehr hoch. Und wie es in den Industrieländern sein wird, kann auch noch keiner sagen.
TGR: Welchen Einfluss hat eine explodierende Zahl an Ebola-Fällen auf die Weltwirtschaft?
ES: Die Angst vor Reisen und die Störungen im Wirtschaftsleben werden mit Sicherheit Auswirkungen auf die schwache Wirtschaft haben, die durch die Rezessionen in Europa und Japan ja bereits angeschlagen ist. Ein solches Ereignis könnte tiefgreifende negative Auswirkungen haben, da es das Verhalten der Menschen verändert. Wenn sich die Menschen Sorgen um ihre Bankeinlagen machen, ziehen sie ihre Gelder ab – und dann würden sie logischerweise in Richtung Gold und Silber gehen wollen. Ganz plötzlich würden dann auch die Anleger wieder in diese Märkte zurückkehren und die Preise in die Höhe hieven. Das hat niemand auf dem Schirm. Das natürliche Seuchen-Armageddon könnte ein Finanz-Armageddon zur Folge haben, und Edelmetalle sind da natürlich erste Wahl.
TGR: Glauben Sie, dass die Rohstoffmärkte das bereits bei den Edelmetallen mit eingepreist haben?
ES: Nein, haben sie wahrscheinlich noch nicht. Die durch die Krise verursachte Schwäche bei den Vermögenspreisen sorgt bei dem Bankensystem für einen unglaublichen Druck, und da wären wir auch gleich wieder bei 2008, als die Menschen begriffen, dass sie besser dran sind, wenn sie das Geld abheben und es in Gold und Silber stecken, anstatt die Banken zu stützen.
Als Edelmetallinvestor ist meine größte Sorge, was während dieser Krise mit der Bankenwelt geschah. Die US-Notenbank rettete die Banken, aber das Problem behob sie nicht. Die Banken sind nach wie vor überschuldet und dank der negativen Realzinsen gibt es für die Bankkunden keinen Grund, ihr Geld dort zu lassen. Wenn die Menschen das en masse begreifen, ist der Punkt da, an dem der Goldpreis und der Silberpreis wieder dorthin zurückkehren werden, wo sie aufgrund der Fundamentaldaten sein sollten …