Der Ökonom Philipp Bagus bezeichnet den Euro als sinkendes Schiff und führt das Scheitern der europäischen Einheitswährung auf ihr völlig sinnloses Design zurück. Ein böser Ausgang des Euro-Experiments ist unvermeidlich und es ist heute bereits klar, dass keiner der denkbaren Ausgänge für den Sparer von Vorteil ist

Mises.org, 10.02.2015

Philipp Bagus, der Autor des Buchs „Die Tragödie des Euro: Ein System zerstört sich selbst“, sprach mit dem Mises Institute über die jüngsten Entwicklungen in der Schweiz und der europäischen Währungsunion.

Mises Institute: Im Januar koppelte die Schweizerische Nationalbank den Schweizer Franken vom Euro ab. Was hat das für die Zukunft des Schweizer Frankens zu bedeuten?

Philipp Bagus: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat mit der Abkopplung des Frankens vom Euro einen riesigen und teuren Fehler eingestanden. Zunächst einmal hatten sie den Schweizer Franken an ein sinkendes Schiff gekettet, also den Euro. Und dann, als sie mitbekamen, dass sie gerade untergehen und schon halb ertrunken sind, entschlossen sie sich, diese Fesseln wieder zu lösen.

Darüber hinaus musste die Schweizerische Nationalbank bei ihren auf Euro lautenden Investments bedeutende Verluste verkraften. Diese Verluste, die von den Nutzern des Schweizer Frankens getragen werden, spiegeln in gewissem Sinne die verdeckten Subventionen, mit denen die schweizerische Exportbranche die letzten Jahre unterstützt wurde. Heute ist es so, dass der Schweizer Franken aller Vorausschau nach gegenüber anderen Währungen, die wie der Euro inflationiert werden, an Wert zulegen wird.

MI: Warum hat die Schweizerische Nationalbank den Franken überhaupt an den Euro gekoppelt?

PB: Mit der Einführung einer Währungsbindung, also einer festen Wechselkursrate des Frankens gegenüber dem Euro, hatte sich die SNB im Grunde dazu verpflichtet, der Europäischen Zentralbank (EZB) zu folgen. Daher hat die EZB – die mit dem Krisenmanagement ihrer eigenen schlecht konstruierten Währung beschäftigt ist – indirekt auch die Geldpolitik der Schweiz bestimmt.

MI: Warum bezeichnen Sie den Euro als sinkendes Schiff?

PB: Der Euro ist schlecht designt. Es gibt ein Zentralbanksystem, das von einer ganzen Reihe von Regierungen benutzt werden kann, um sich selbst zu finanzieren. Das ist die Tragödie des Euros: Die Staaten können ihre Defizite indirekt über die Zentralbank finanzieren, da ihre Schulden im Bankensystem als Kreditsicherheiten hinterlegt werden können. Oder sie können auch direkt von der Zentralbank aufgekauft werden.

Das Ergebnis dieser Politik besteht darin, dass die Kosten dieser Defizit-Monetisierung auf alle Nutzer des Euros externalisiert werden, von denen einige in anderen Ländern leben. Die Euroländer haben also einen Anreiz, Defizite zu machen und Schulden anzuhäufen, während die Kosten auf Ausländer externalisiert werden. Sie wollten das mit Regeln wie dem Stabilitäts- und Wachstumspakt verhindern, aber daran fühlt sich heute niemand mehr gebunden.

MI: Könnte das zum Niedergang des Euros führen?

PB: Bei den meisten Ländern hat es heute bereits zu einer enormen Verschuldung geführt. Und hier kommt ja auch noch die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank hinzu, die ständig mit neuen Tricks aufwartet, um noch mehr Geld in Umlauf zu bringen – nehmen wir beispielsweise ihr jüngst verkündetes quantitatives Lockerungsprogramm.

Und während die Zahl der Euros immer weiter ansteigt, wird der Wert jedes einzelnen Euros zunehmend verwässert. Die Schweizerische Nationalbank hatte sich dazu entschlossen, den Franken an diese entwertende Währung zu koppeln, doch im Januar hatte die Schweiz dann offensichtlich genug davon.

MI: Bedeutet das nun, dass man sich mit weniger Franken heute mehr Güter kaufen kann?

PB: […] In einer gut funktionierenden Wirtschaft – also in einer Wirtschaft, wo es Wachstum gibt und die Menschen ihre Kredite tatsächlich auch zurückzahlen – ist es in Wahrheit so, dass die Preise für Güter fallen und sich die Menschen mit ihrem Geld mehr kaufen können. Doch so, wie es heute ist, profitieren wir nicht so stark von fallenden Preisen, was auf die expansive Geldpolitik zurückgeht. Was wir heute bei den fallenden Benzinpreisen oder den fallenden Preisen für Elektronikgüter sehen, hätten wir in den letzten Jahren bei praktisch allen Gütern und Dienstleistungen beobachten können – haben wir aber nicht. Und das geht auf die Zentralbanken zurück, die wild Geld drucken.

MI: Wer profitiert von einer solchen Politik?

PB: Man begünstigt dadurch einige Akteure, die das neu geschaffene Geld zuerst in den Händen halten, und diejenigen, die das Geld schaffen, werden ebenfalls begünstigt. Das sind Menschen im Finanzsystem, speziell die Banken, und der Staat selbst. Es ist so, dass all jene, die das Geld zuerst in die Hände bekommen, mit einer großen Menge neuen Geldes zu alten Preisen einkaufen gehen können. Daraufhin steigen die Preise und der Durchschnittsbürger kann sich dann beispielsweise nicht mehr länger Immobilien leisten. Die Lebenshaltungskosten steigen, aber die Gehälter steigen nicht so schnell wie die Lebenshaltungskosten. Die Vorteile, die sich aus dem Wirtschaftswachstum ergeben, werden vornehmlich von den Erstempfängern des Geldes eingestrichen und nicht von der gesamten Bevölkerung.

MI: Wie profitiert der Staat davon?

PB: Die Staaten können sich aufgrund dieser Geldpolitik immer stärker verschulden und sie können diese geliehenen Gelder dann an ihre Staatsbediensteten und die staatlich subventionierten Unternehmen weiterreichen. Und weil die Erstempfänger des Papiergeldes (also der Finanz- und Bankensektor) davon am meisten profitieren, sind sie es auch, die diese Maßnahmen am lautesten befürworten und einfordern.

MI: Wie korrigiert man ein solches Geldsystem?

PB: Solange sich Geld dadurch schaffen lässt, dass man auf einem Computer ein paar Tasten drückt, wird sich gar nichts ändern. Wir könnten bei jedem Franken und jedem Euro einfach eine Null hinten dranhängen, wenn wir wollten. Die Geldmenge wäre dann 10 Mal größer, aber wir wären dadurch nicht reicher, weil sich auch die Preise verzehnfachen würden. Natürlich funktioniert die heutige Geldpolitik nicht so. Das neue Geld wird nicht gleichmäßig allen Teilnehmern der Wirtschaft bereitgestellt, indem einfach Nullen an den Franken oder Euro drangehangen werden. Würde das auf diese Weise getan, wäre auf einmal keiner mehr an einer Geldausweitung interessiert und es würde auch niemanden mehr geben, der nach weiteren Gelddruckmaßnahmen schreit.

Um das System zu korrigieren, brauchen wir Geld, das nicht produziert werden kann, indem man einfach einen Knopf auf der Tastatur drückt. Solange Geld praktisch kostenfrei produziert werden kann, ist die Versuchung enorm und der politische Druck, das zu tun, ist ebenfalls riesig. Das konnten wir in der Geschichte ein ums andere Mal beobachten.

MI: In welcher Art von System wäre das möglich?

PB: Ein Geldsystem mit voller Golddeckung wäre ein Beispiel. Gold lässt sich nicht einfach aus dem nichts schaffen, man muss danach graben.

MI: Wie lange wird das Papiergeldsystem noch existieren?

PB: Wenn ich das wüsste, könnte ich sehr reich sein. Das hängt in großem Maße von der Geldpolitik ab. Und die Finanz- und Polit-Eliten werden alles versuchen, um das System zu retten, weil sie davon profitieren. Sie könnten versuchen, einen Systemneustart einzuleiten. Fakt ist, dass die Schulden, die von so vielen Staaten angehäuft worden sind, nun nicht mehr allzu stark steigen können. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Schulden mittels Wirtschaftswachstum wieder zurückgezahlt werden können. Die meisten Länder befinden sich in einer geldpolitischen Falle. Wenn die Zinsen steigen, sind die Staaten pleite, weil sie die Zinsen dann nicht mehr zahlen können.

MI: Wie wird das aktuelle System enden?

PB: Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, und keine davon ist gut für den Sparer. Die Zentralbanken könnten die Druckerpressen noch stärker aufdrehen und dadurch den Wert des Geldes vollständig verwässern. Dann könnten sie auch Vermögenswerte konfiszieren oder sie wegbesteuern – eine Vermögenssteuer, wie sie vom Internationalen Währungsfonds vorgeschlagen wurde. Oder man macht es wie in Zypern, wo es einen Bail-in gab, bei dem die Gläubiger der Banken in Aktienhalter verwandelt wurden. Oder man führt einen Haircut durch – die Gläubiger müssen dabei auf große Teile ihrer Forderungen verzichten. Oder es gibt eine Geldreform. Das entspricht in etwa einem Systemneustart. Man kann dann wieder ganz von vorne anfangen.

MI: Werden neue Währungen auftauchen, die die alten Währungen ersetzen?

PB: Zunächst einmal muss man den Wettbewerb unter den Währungen aufrechterhalten, weil sich die Menschen dann die Währung aussuchen können, die ihnen am geeignetsten erscheint. Ein paar Währungen könnten überleben. Gold oder Silber und es könnte sogar gute elektronische Währungen wie Bitcoin geben. Im Rahmen eines Übergangs könnte man mit den Goldreserven der Zentralbank eine vollgedeckte Goldwährung schaffen und den Markt für Wettbewerb öffnen.

MI: Ist der Goldstandard die Lösung?

PB: Ich bin nicht auf den Goldstandard fixiert. In einem freien Wettbewerb unter den Währungen haben sich Gold und andere Edelmetalle historisch gesehen als gutes Geld herausgestellt. 1914 haben die Staaten dann unser Gold in Europa verstaatlicht. Nach einigem Hin und Her wurde in den 1970er Jahren die letzte Gold-Anleihe abgeschafft, da es die Staaten bei ihren Ausgabeorgien einschränkte. Heute haben wir ein reines Papiergeldsystem.

Wir sollten unser Geldsystem auf den Stand von vor 1914 zurücksetzen. Dieses Mal mit einem 100%igen Golddeckungsstandard und offen gegenüber dem Wettbewerb mit anderen alternativen Währungen. Dann können sich die Menschen nämlich frei entscheiden. Der große Vorteil ist, dass diese Währungen alle wirklich politisch unabhängig sind. Gold kann nicht politisch manipuliert werden. Und nicht manipuliertes Geld ist besseres Geld, als staatliches Geld je sein kann.

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