Webster G. Tarpley, 17.01.2010
Bereits 5 Tagen oder 120 Stunden nachdem ein schweres Erdbeben die Gegend um Port-au-Prince in Haiti traf, ist in zunehmendem Maße deutlich geworden, dass der US-Ansatz, die Bereitstellung von Notfallhilfen und Versorgungsgütern zu organisieren wirkungslos ist. So wirkungslos, dass der für die Verteilung der Notfallhilfen Verantwortliche ohne weitere Verzögerung gefeuert werden muss. Zu dem katastrophalen Pfusch gehört die Entscheidung des US-Militärs, in Person von General Ken Keen, darauf zu bestehen alle ausländischen Hilfen über einen einziges, minderwertiges, unangemessenes und beschädigtes Flugfeld des Flughafens „Toussaint L´Ouverture“ zu lenken. Wie ein Oberst vor Ort heute Nachmittag in einer Pressekonferenz, die über C-SPAN Radio ausgestrahlt wurde, erklärte, hat dieser Flughafen eine einzige Landebahn und gerade mal Platz für ein halbes Dutzend mittlere bis große Flugzeuge. Das Ergebnis ist, dass, wenn sechs Flugzeuge im Entladebereich geparkt sind, der gesamte eintreffende Verkehr abgewunken werden muss, bis eines der sechs Flugzeuge wieder gestartet ist. Der Kontrollturm, das Radar und andere Einrichtungen sind durch das Erdbeben zerstört worden. Selbst nachdem die Fracht ausgeladen wurde, tendierte sie dazu sich auf dem Flughafen aufzutürmen, weil die vom Flughafen zu den Hauptkonzentrationen der Bevölkerung führenden Straßen durch zusammengestürzte Häuser und andere Trümmer blockiert sind. Das Resultat ist eine quälende Langsamkeit bei der Verteilung lebenswichtiger Versorgungsgüter, von deren umgehender Bereitstellung nun das Überleben von bis zu 3 Millionen Haitianern abhängt.
Der Einzige Flughafen als Nadelöhr
Der Ansatz einen einzigen Flughafens zu verwenden, erfüllt die Lehrbuchdefinitionen für den Albtraum eines logistischen Nadelöhrs. Überhaupt zu entscheiden, diese einzelne Landebahn zur alleinigen Versorgungslinie für die leidende Bevölkerung um die haitianische Hauptstadt herum zu machen, war ein fataler Fehler. Der Offizier, von dem gesagt wird, dass er die logistischen Bemühungen der USA vor Ort leitet, ist General P. K. „Ken“ Keen, zweithöchster Kommandeur des US Southern Command. Heute von Brit Hume auf Fox News Sunday befragt, sagte General Keen: „Gut, wir hatten gestern einen sehr guten Tag gehabt. Britische Fallschirmspringer der 82. Luftlandedivision, die erst innerhalb der letzten ein oder zwei Tage eintrafen, haben über 70.000 Flaschen mit Wasser und 130.000 Nahrungsmittelrationen verteilt.“ General Keen bezog sich auf Samstag d. 16.01.2009, drei Tage oder 96 Stunden nach dem Erdbeben. Die Aussage ist vergleichbar mit der jüngsten Bemerkung der Chefin der US-Heimatschutzbehörde, Ministerin Napolitano, als sie darauf reagierte, dass ein in der Luft befindliches Flugzeug fast explodiert wäre: „Das System funtioniert.“ General Keen und auch die Ministerin Napolitano scheinen selbst dann nicht fähig zu sein Niederlage und Versagen zu erkennen, wenn sie ihnen ins Gesicht springen und in Folge dieser Inkompetenz bereits Menschen sterben mussten. General Keen ist auf dem besten Wege das neue Heinzelmännchen der haitianischen Krise zu werden und die Unfähigkeit des berüchtigten FEMA Direktors unter Bush noch zu übertreffen, dem man auf der Höhe des Debakels im Jahre 2005 den Beinnamen „verdammt guter Job, Heinzelmännchen“ verpasste.
Zur Veranschaulichung von General Keens Kommentar nehmen wir des Argumentes wegen an, dass 3 Millionen Erdbebenopfer in dem Bereich der haitianischen Hauptstadt für ihr mittelfristiges Überleben aktuell mehr oder weniger vollständig von ausländischen Versorgungsgütern abhängig sind. Um unter Krisenbedingungen vernünftig versorgt zu werden, würden 3 Millionen Menschen 9 Millionen Mahlzeiten am Tag benötigen. Sie würden auch um die 9 Millionen Liter Wasser benötigen. General Keen prahlt damit in der Lage gewesen zu sein, einen winzigen Bruchteil der benötigten Menge verteilt zu haben. Es ist Zeit für General Keen unehrenhaft entlassen zu werden. Sein Ansatz der Versorgung mit Hilfsgütern ist übertrieben militarisiert und resultiert aus einer übergroßen Präsenz von US-Truppen vor Ort, welche die Versorgungsgüter aufbrauchen und – bedenkt man die unerträgliche Langsamkeit der Versorgung – wahrscheinlich zu Zielen des Volkszorns werden. Ist es das, was Keen wünscht? Es ist Zeit für ihn zu verschwinden.
Um fair zu sein, es ist auch klar, dass die Vorgeschichte von General Keen überhaupt nicht zu seiner jetzigen entscheidenden Verantwortung passt. General Keen kommt von den Spezialstreitkräften und dem Joint Special Operations Command. General Keens Vorgeschichte, kurz gefasst, ist die eines Luftlandekommandos. Das ist der Bereich militärischen Lebens, wo Logistik die allergeringste Rolle spielt. Was offenkundig in einer Notfallsituation verlangt wird, wie sich nun in Haiti vor unseren Augen ausbreitet, ist ein Offizier, der auf Logistik spezialisiert ist, also einem Bereich, den die Armee traditionell G-4 nennt. Vorzugweise wird ein an Quartiermeisterschule der Army ausgebildeter Offizier benötigt. Eine Armee reist mit ihrem Bauch und bei Rettungsoperationen ist dies noch mehr der Fall. Es ist also Zeit für die „globalen Krieg gegen den Terror“-Typen das Feld zu räumen und durch Offiziere ersetzt zu werden die etwas von Versorgung verstehen. Logistikexperten gehören nie zu den glanzvollsten Figuren, besonders dann nicht, wenn der vermutete Feind eine Chimäre ist, die unter dem Namen „Al-Qaeda“ bekannt ist. Bei den Truppenstationierungen in Irak und Afghanistan demonstrierten die US-Streitkräfte fatale Unfähigkeit im Hinblick auf logistische Planung, welche den Besatzern in beiden Ländern immer noch schreckliche Konsequenzen einbringen könnte. Nun rückt das logistische Versagen in Haiti ins Zentrum des Geschehens.
General Keen scheint entschlossen zu sein der haitianischen Bevölkerung die lebensnotwendige Hilfe unter Verwendung einer Pipette zu liefern. Versucht er für politische Zwecke einen Aufstand anzuzetteln? Als Japan 1945 unter Hunger litt, gab General MacArthur nach Washington durch „Gebt mir Brot oder gebt mir Kugeln.“ Schnell lieferte man ihm das Brot. General Keen scheint mehr an Kugeln interessiert zu sein und man wundert sich warum. Schaut man sich General Keens umfangreiche Bilanz in Lateinamerika an, fragt man sich, ob er mit der berüchtigten US-Army School for the Americas in Fort Benning, Georgia verbunden war, wo den Militäroffizieren routinemäßig gelehrt wird, dass die Bevölkerung von Lateinamerika – da ist Haiti keine Ausnahme – der Feind ist.
General Keen kann sich glücklich schätzen, in Haiti gegen keinen wirklichen Feind kämpfen zu müssen. Wenn dem so wäre, würde der feindliche Kommandant einen Weg finden den einzigen Flugplatz, der nun die Gesamtheit der US-Versorgungslinie darstellt, zu zerstören und General Keens Truppen würden abgeschnitten und verdammt zurückgelassen. General Keen scheint die einzige Sache vergessen zu haben, an die er sich aus seiner Ausbildung bei den Sondereinsatzkräften erinnern sollte: Wenn Einheiten, wie seine, schließlich Operationen durchführen, werden sie durch Luftabwürfe unterstützt.
Umgehende großflächige Luftabwürfe von wichtigen Versorgungsgütern ist der Schlüssel
Wirkungsvoll agierende Generäle wissen, dass sie lange bevor die führenden Einheiten eintreffen in einem unverzichtbaren Streich zum Schauplatz der Operation eilen müssen. Denken wir an General MacArthur, der die Situation in Korea während der ersten hoffnungslosen Stunden im Juli des Jahres 1950 abschätzte. Solche Aufklärungen, oder selbst die Erinnerung früherer Besuche, hätten gezeigt, dass die Abhängigkeit von einem einzigen Flughafen das Rezept für ein Desaster ist. Stattdessen hätten die USA Wert auf schnelle Luftabwürfe von mit Fallschirmen versehenen Paletten legen müssen, die große Mengen an Nahrungsmitteln, Wasser, medizinischen Versorgungsgütern, Decken, Benzin, Zelten, kleinen Stromgeneratoren, Traktoren und Ausrüstung zur Beseitigung von Geröll enthalten. Die Abwurfzonen für diese Versorgungslieferungen hätten am Abend des vergangenen Mittwochs, zwölf Stunden nach dem Erdbeben, von einer kleinen Gruppe von Luftlandetruppen, Fallschirmspringern, ausgekundschaftet und von Zivilisten geräumt werden müssen. Unter der aktuellen globalen Angriffsdoktrin sollten die USA ja eigentlich in der Lage sein innerhalb von 24 Stunden jeden Punkt auf der Welt zu zerstören. Sicherlich hätten sie innerhalb von 12 Stunden Fallschirmspringer über der haitianischen Hauptstadt absetzen können, die sich unweit von Guantánamo und Florida befindet.
Das Ziel dieser Operation wäre es gewesen, dass Umfeld der haitianischen Hauptstadt mit einer Fülle von Versorgungsgütern, wie Nahrungsmitteln, Wasser, medizinischen Notwendigkeiten und dazugehöriger Ausrüstung zu sättigen. Die gequälte Bevölkerung hätte aufgefordert werden müssen sich selbst zu helfen und soviel davon wegzutragen, wie ihnen nach vernünftigem Ermessen möglich gewesen wäre. Ihnen hätte daher gesagt werden müssen, dass die Luftabwürfe fortgeführt werden und sie nicht alles mitzunehmen bräuchten. Plünderungen und Diebstahl wäre dadurch vorgebeugt worden, indem man die Menschen von der einfachen Tatsache überzeugt hätte, dass die zweck- und sinnlos wären, da Nahrungsmittel, Wasser und andere Versorgungsgüter überall zur Genüge vorhanden wären. Mit ein wenig Vorstellungskraft hätten ein dutzend Abwurfzonen in Parks, Stadien, an unmittelbar an die Stadt angrenzenden Stränden und Feldern eingerichtet werden können. Die Einbeziehung großer Mengen an Zelten unterschiedlicher Größe hätte der gequälten Bevölkerung etwas Sinnvolles an die Hand gegeben sich selbst zu helfen. Stattdessen haben wir Schießereien wegen knapper Nahrungsmittel und Wasser. Anstelle von Macheten und Straßenbarrikaden aus Leichen, anstelle von Aufständen, hätten die Haitianer sich friedlich daran machen können für die kurz- und mittelfristige Nutzung Zeltstädte aufzubauen.
Das beste Flugzeug für diese Art der exakten Luftabwürfe der ersten Welle am Donnerstag und besonders am Freitag wäre die Transportmaschine Lockheed Hercules C-130 gewesen. Die Hercules C-130 ist auch in der Lage auf einem holprigen Feld von etwas mehr als 300 Metern Länge zu landen, vorausgesetzt, dass sie leer wieder starten würde. C-130 Maschinen hätten umgehend auf Feldern außerhalb der Stadt landen können – die zuvor lediglich von ein paar Mitgliedern der 82. Oder 101. Luftlandedivision hätten geräumt werden müssen – und hätten über ihre Frachttore große Paletten mit Notversorgungsgütern direkt auf dem Boden abladen können. Zivilisten hätten dann aufnehmen können, was sie brauchten. Trucks mit aufmontierten Stromgeneratoren hätten dann von diesen Landestreifen aus direkt in die Krankenhäuser fahren können, begleitet von Trucks mit aufmontierten Wasseraufbereitungsanlagen.
Wenn USTRANSCOM (militärisches US-Kommando für Luftransport) und das Air Mobility Command der US-Luftstreitkräfte nicht genügend C-130 Maschinen haben, können sie durch identische Flugzeuge der europäischen NATO-Staaten und von Japan ergänzt werden. Viele große Luftstreitkräfte auf der ganzen Welt fliegen C-130, woran uns der Lockheed-Skandal vor ein paar Jahren erinnert.
Ein weiteres Flugzeug, das sich als wertvoll erwiesen haben könnte, ist ironischerweise die viel verteufelte Maschine V-22 Osprey, ein Propellerflugzeug, das vertikal starten und landen kann. Wenn eine Osprey 20 Infanteriesoldaten transportieren kann, sollte sie auch in der Lage sein ein oder zwei Tonnen Güter zu transportieren und dabei kann sie auch auf Feldern landen, welche für die C-130 zu klein sind. Mit Hilfe einer kleinen Flotte von Ospreys hätten buchstäblich in jedem Viertel der haitianischen Hauptstadt Verteilerstationen eingerichtet werden können, was viele Menschenleben gerettet und die gesamte Situation beruhigt hätte.
Durch die direkte Lenkung des überwiegenden Teils der Routineversorgungsgüter, wie Nahrungsmittel, Wasser, medizinische Versorgungsgüter, Decken, Zelte oder andere grundlegende Dinge nach Port-au-Prince und in die anderen vom Erdbeben getroffenen Städte, wäre die einzige Landebahn des einzigen Flughafens hochwertigen Lieferungen vorbehalten geblieben, wie dem französischen Feldlazarett, welches durch Versagen größten Ausmaßes wieder zurückgeschickt werden musste, so dass sich dieser Vorfall berechtigterweise zu einem internationalen Skandal und eine Schmach für die Vereinigten Staaten ausweitete. Der Flughafen wäre somit für spezielle Fracht erreichbar gewesen, vor allem für Ärzte, Krankenschwestern, militärische Feldlazarette, schwere Wasseraufbereitungsanlagen, Erdbaumaschinen, technische Hilfskräfte und Rettungshelfer mit Suchhunden, obwohl einige von ihnen landeinwärts auch mit Ospreys hätten ankommen können. Der Verkehr von internationalen Spendern hätte eine wesentlich bessere Chance gehabt über den Flugplatz abgewickelt zu werden und hätte nicht mit der großen Menge an Nahrungsmitteln und Wassern konkurrieren müssen.
Wenn Mittwoch der 13.01.2010 D-Day war, dann hätten die Anstrengungen weitergehen müssen, indem am 2. und 3. Tag Flugzeugträger, Hubschrauberträger und andere Kriegsschiffe mit Höchstgeschwindigkeit in haitianischen Gewässern angekommen wären um den Beginn einer umfänglichen Bereitstellung von Notversorgungsmitteln durch Helikopter in noch weniger zugängliche Bereiche der gequälten Region einzuleiten. Das wäre die Stunde der Chinooks und im Besonderen der Halos aus sowjetischer Herstellung gewesen, welche in der Lage sind bis zu 20 Tonnen Fracht zu transportieren. Die USA hat einige Erfahrung bei der Anmietung. Es scheint, dass die US-Küstenwache, welche sich inmitten des Katrina Desasters so gut präsentierte, die einzige effektive Organisation war, die früh, zu Beginn der Krise mit der Helikopterversorgung begann, ohne der wahnhaften Sorge des Schutzes durch Streitkräfte zu erliegen, was das Haupthemmnis der Sonderspezialkräfte-JSOC-„globaler Kampf gegen den Terror“-Typen zu sein scheint.
Wenn der Hafen während des 2. und 3. Tages nicht funktionstüchtig gewesen wäre, wäre Zeit gewesen passende Strände zu identifizieren, wo Amphibienfahrzeuge die Versorgungsgüter der auf See befindlichen Schiffen hätten abtransportieren können. Ansonsten hätte ein provisorischer Mulberry-Hafen gebaut werden können um die Frachter zu entladen.
Rauschmiss des Internationalen Währungsfonds aus Haiti – ein und für allemal
Kommentatoren und Politiker im US-Fernsehen mögen es die Frage zu stellen, warum Haiti so arm ist. Einige von ihnen ergehen sich in der Schnapsidee des verstorbenen Samuel Huntington, laut der Haiti eine zerrüttete Kultur hat und die Menschen selbst an ihrer Armut schuld sind. Wir bitten um Differenzierung. Haiti wurde durch die Vereinigten Staaten während der vergangenen Jahrzehnte mehrere Male besetzt und die USA tragen eine besondere Verantwortung für das Wohlergehen des Landes. Das drängendste Problem von Haiti stellt aktuell die Tatsache dar, dass Haiti, besonders seit 1994, unter dem eisernen Rad des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank im Namen der grausamen Bedingungen, welche diese internationalen Organisationen des Geldverleihs dem Land auferlegt haben, zermalmt worden ist. Zu diesen Bedingungen gehört der übliche, trübselige Katalog der Schocktherapie des Internationalen Währungsfonds: Deregulierung, Privatisierung, Zerschlagung der Gewerkschaften, Zerstörung des Staatssektors, Zerstörung des sozialen Netzes der Absicherung, Abschaffung des Arbeitsrechts, Absenkung des Lebensstandards, Freihandel, Steuervorteile für räuberische Auslandsinvestoren und die Plünderung aller Pensionsfonds oder der Arbeitslosenversicherung – die Litanei der reaktionären Barbarei des „freien Marktes“ in all seiner unmenschlichen Raserei. Die Amerikaner könnte vielleicht interessieren, dass das ärmste Land der nördlichen Halbkugel eine Schuldenlast von rund USD 1,5 Milliarden hat, wovon es das meiste der Inter-American Development Bank schuldet, die selbst eine Kreatur der USA ist. Bis September 2009 kämpfte das hoffnungslos arme Land darum die von dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank auferlegten Richtlinien zu erfüllen, um sich für ihr schreckliches und betrügerisches „Schwer verschuldete arme Länder“-Programm zu qualifizieren, welches im Austausch für noch heftigere Demütigungen der nationalen Souveränität und eine noch schonungslosere und drakonischere Anwendung der Bedingungen einen minimalen Schuldenerlass bereithält.
Erlass der USD 1,5 Milliarden Auslandsschulden
Wenn Obama auch nur zu irgendeinem menschlichen Mitgefühl fähig ist, dann wird er sein unaufhörliches Gequatsche unterbrechen und einen unilateralen, vollständigen und unumkehrbaren Erlass aller finanzieller Schulden verkünden, die noch irgendeine von den USA kontrollierte oder beeinflusste Organisation gegenüber Haiti besessen werden. Alle Länder des Londoner Clubs und des Pariser Clubs sollten darüber informiert werden, dass die Vereinigten Staaten es von ihnen erwarten, es den USA umgehend gleichzutun und einen bedingungslosen Schuldenerlass zu Gunsten Haitis zu verkünden. Haiti wird zweifellos so oder so zahlungsunfähig, so dass sie einfach nur dem Unvermeidlichen vorbeugen würden. All diese Länder sollten in unmissverständlicher Sprache darüber informiert werden, dass ein Scheitern des Erlasses ausländischer Schulden der Haitianer von den Vereinigten Staaten als feindlicher Akt angesehen wird. Das Außenministerium weiß ganz genau, wie das funktioniert – es zwang nach Bushs irrer Invasion des Iraks im Jahre 2003 den größten Teil der Welt die Schulden des Landes zu erlassen.
In der Folge des Schuldenerlasses ergeht eine Mitteilung, dass alle Bedingungen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank, entsprechende technologische Einschränkungen usw. aufgehoben und nie wieder eingeführt werden. Beamte des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank, der Inter-American Development Bank und anderer Organe der supranationalen Bankiersfraktion sollten wie Plünderer behandelt und aus Haiti geworfen werden.
Haiti benötigt einen Marshallplan in Form umfangreicher Lieferungen moderner Kapitalgüter für die wirtschaftliche Modernisierung und nicht Geld – angesichts der hoffnungslosen Umstände die dort vorherrschen. Landwirtschaft, Fischerei und damit in Zusammenhang stehende Aktivitäten brauchen Kapitalinvestitionen zur Entwicklung. Haiti braucht dringend eine Aufwertung seiner Arbeitskräfte, was die Produktion von hochwertigen Exportprodukten in industriellem Umfeld ermöglicht. Es muss Infrastruktur für Gesundheitswesen, Bildung, Energieproduktion, Transport und Abwasser- und Abfallentsorgung geschaffen werden. Die Zahl der neuen Wohnungen, die geschaffen werden müssen, geht in die Millionen. Träge Detroiter Fabriken könnten schnell umgestellt werden um Modul-Hausteile für Haiti zu produzieren und zehntausende arbeitsloser Arbeitnehmer der Autoindustrie könnten als Teil dieser Bemühungen wiederangestellt werden. Die Vereinigten Staaten sollten am Wiederaufbau von Haiti partizipieren, indem sie die Federal Reserve dazu zwingen eine erste Tranche von USD 100 Milliarden in Form eines 0% Bundeskredites für US-Exporte nach Haiti, abgewickelt über die US-Export-Import-Bank, freizugeben. Die USD 100 Milliarden Kreditlinie, die Obama bereits dem Internationalen Währungsfonds zusagte, sollte für diesen Zweck requiriert und nach Haiti umgelenkt werden. Nationen mit Industriekapazität sollten massiv ermutigt werden, diesen Anstrengungen auf Grundlage von Parität und Gleichheit beizuspringen.
Während der 40er Jahre war die Logistik als das entscheidende Merkmal des US-Militärs bekannt. Es war die logistische Tiefe, die solche Leistungen, wie die Landung in der Normandie und die Luftbrücke von Berlin während der Jahre 1948 und 1949, möglich machte (Es sollte angemerkt werden, dass Westberlin über drei Flughäfen verfügte, die während der gesamten Krise betriebsfähig waren, was Luftabwürfe in diesem Fall unnötig machte.) Wie van Creveld und ander betonten, ließ die Logistik des US-Militärs seit diesem Zeitpunkt immer mehr nach. Alle Protagonisten dieser großartigen Operationen der 40er Jahre sind längst gegangen und der logistische Apparat des US-Militärs ist soweit verkümmert, wie wir ihn nun erleben. Der Wiederaufbau der logistischen Kapazität des US-Militärs – so dass man in der Lage ist Notfällen, wie dem jetzigen in Haiti, wirkungsvoll begegnen zu können – muss den dringenden Bemühungen die Infrastruktur und Produktionsbasis der gesamten US-Wirtschaft im Kontext der aktuellen weltweiten wirtschaftlichen Depression wiederaufzubauen gleichrangig gegenüberstehen.