Nigel Farage, EU-Abgeordneter und Chef der britischen Unabhängigkeitspartei, erwiderte auf die Rede zur Lage der Union des EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso, dass die Brüsseler Bürokraten der Demokratie den Rücken kehren, den Willen der Völker Europas mit Füßen treten und mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, die vollständige Vernichtung der Nationalstaaten vorantreiben. Farage sagte voraus, dass die EU-Zentralplaner nun jedoch von einer Welle des demokratischen Nationalismus hinweggefegt würden
Nigel Farage, UKIP, 28.09.2011
Erwiderung auf die Rede zur Lage der Union des EU-Kommissionspräsidenten Barroso
Herr Barroso, Sie erklärten uns heute Morgen, dass die Europäische Union eine Inspiration ist. Und während Sie einräumten, dass es ein oder zwei kleine wirtschaftliche Probleme gibt, machten Sie unmissverständlich klar, dass Arbeitsplätze und Wachstum kommen würden, dass alles gut laufe. Ja, Sie zeigten sogar eine Vision einer uns bevorstehenden Periode der europäischen Erneuerung auf.
Nun, da Sie selbst ein ehemaliger Kommunist sind, können Sie sich vielleicht an die früheren Sowjetführer erinnern, die nach vorne traten, um ihre Reden zu halten, die allen erklärten, dass es eine Rekordernte gab oder dass die Traktoren-Produktion unglaublich gut lief. Und sie glaubten natürlich, dass die Geschichte auf ihrer Seite stünde. Präsident Chruschtschow trat sogar nach vorne und erklärte dem Westen, dass ´wir Euch beerdigen werden`, so stark glaubte er an seine eigene Union.
Und heute schauen wir zurück und lachen selbstverständlich darüber, und ich glaube, dass die Menschen in unserer Zukunft auf Sie zurückschauen und sagen werden: ´Wie um Himmels Willen konnte dieser nicht gewählte Mann an all diese Macht gelangen? Und wie konnte die politische Klasse – die sich hier im Raum versammelt hat – entscheiden, dass die Gemeinschaftsmethode die nationale Demokratie ersetzen soll?` Ich glaube, die Menschen werden mit Verwunderung darauf zurückblicken, dass wir die Demokratie aufgegeben haben.
Aber was Sie tun wollen, ist zu sagen ´Ja richtig, wir haben eine Europäische Union, und was wir jetzt tun müssen, ist, damit weiterzumachen.` Was Sie als Architekt – und Sie sind einer der entscheidenden Architekten dieses gegenwärtigen Versagens – tun werden, und das obwohl alles bisherige falsch gewesen ist, ist, weiter so zu machen wie bisher.
Nun ja, ich dachte, dass dies eigentlich die Definition von Wahnsinn ist. Ich kann nicht glauben, dass dies eine rationale Antwort auf die Situation sein soll, in der Sie sich nun wiederfinden. Und weit davon entfernt, dass das hier die ´Lage der Union` ist, würde ich eher behauten, dass sich die Union in einem Zustand [des Wahnsinns] befindet.
Ja schauen Sie sich doch nur das ganze Durcheinander an: Wir haben Sie als den Präsidenten der Europäischen Kommission, wir haben den Präsidenten des Europäische Parlaments, wir haben meinen alten Freund Herman van Rompuy als Präsident des Europarats, wir haben die Polen, die vorübergehend die europäische Ratspräsidentschaft innehaben. Dieser Raum ist voller Präsidenten – meine Güte, selbst ich bin ein Präsident.
Was ich damit sagen will, ist, dass ich mir nicht sicher darüber bin, wie die kollektive Bezeichnung für Präsidenten lautet. Vielleicht Inkompetenz? Ich weiß es nicht. Mit Sicherheit ist es aber so, dass, schafft man die demokratische Rechenschaftspflicht ab, dann in Wirklichkeit überhaupt niemand mehr die Verantwortung trägt.
Und es entwickelt sich als eine Union der Intoleranz. Jeder, der sich hier erhebt und es wagt, eine politische Auffassung zu vertreten, die sich von den gängigen Weisheiten unterscheidet, wird einfach als irre, verrückt, gewalttätig und faschistisch abgetan – das hören wir von diesen Leuten bereits seit Jahren [zeigt auf die EU-Parlamentarier].
Und die Intoleranz ist so weitreichend, dass, gibt es Referenden in Frankreich, der Niederlande und in Irland, die unserer Auffassung entgegenstehen, dies von Ihnen als politische Lektion aufgefasst wird, als ein Problem, dass überwunden werden müsse. Also, im Hinblick auf die Wurzeln dieser Union habe ich größte Bedenken.
Es gibt einen neuen Nationalismus, der gerade über Europa hinwegfegt. Sie wollen die Nationalstaaten abschaffen. In Ihrem Falle Herr Schulz [MEP Martin Schulz, SPD] ist es vielleicht, weil Sie sich für Ihre Vergangenheit schämen. Und jetzt wollen Sie diese [EU-]Flagge und eine neue Hymne, um die Nationalstaaten zu ersetzen.
Und Sie scheren sich überhaupt nicht darum, wie Sie das erreichen – ob Sie nun die nationalen Demokratien zerschmettern müssen, ob Sie sich Volksreferenden widersetzen müssen. Sie wischen das einfach beiseite und sagen, es sei Populismus. Ist es nicht, es ist Demokratie.
Und das ist es auch, was gerade über Nordeuropa hinwegfegt und im April mit einem erstaunlichen Ergebnis bei der finnischen Parlamentswahl seinen Anfang nahm. Es gibt eine neue demokratische Revolution, die zurzeit über Nordeuropa hinwegfegt. Sie ist nicht antieuropäisch. Sie will ein Europa des Handels, sie will europäische Zusammenarbeit, sie will ein Europa, wo es Schüleraustausche gibt, wo wir in den Hauptstädten der anderen arbeiten können – sie will diese Dinge. Was sie aber nicht will, ist dieses Modell der Europäischen Union, und ehrlich gesagt, sind Sie jetzt alle Männer der Vergangenheit.