Die Irankrise entwickelt sich zusehends in einen Kampf um die Dollar-Vorherrschaft
Chris Blasi, Neptune Global, 24.01.2012
Am 23.01.2011 kam eine außerordentlich wichtige Meldung aus dem Nahen Osten herein. DEBKAfile veröffentlichte einen Bericht mit dem Titel „Indien plant, iranisches Öl mit Gold anstatt mit Dollars zu bezahlen. Öl- und Goldmärkte verblüfft“.
In dem Bericht werden verschiedenen bedeutende Themen angesprochen:
1. Indien hat sich als erster Käufer iranischen Öls bereiterklärt, die Ölgeschäfte in Gold abzuwickeln.
2. Es wird davon ausgegangen, dass China diesem Schritt folgt.
3. Rund 40% aller iranischen Ölexporte gehen alleine nach China und Indien.
4. Die Goldtransaktionen würden es Teheran ermöglichen, die bevorstehenden EU-Sanktionen gegen die iranische Zentralbank sowie das Öl-Embargo zu umgehen.
5. Aufgrund des Umfangs der in Rede stehenden Transaktionen wird mit einem steigenden Goldpreis sowie einem fallenden US-Dollar und damit einhergehenden nachteiligen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft gerechnet.
6. Aktuell gehen rund 20% aller iranischen Ölexporte in die Europäische Union.
7. Die Transaktionen werden durch zwei im Staatsbesitz befindliche indische Banken und eine türkische, sich ebenfalls im Staatsbesitz befindende Bank ermöglicht.
8. Zwischen Russland und dem Iran sind bereits Finanzmechanismen implementiert worden, welche die Begleichung von Ölgeschäften in anderen Währungen als den US-Dollar ermöglichen.
Es ist nicht vonnöten, dass wir uns hier noch einmal im Detail mit den trostlosen fiskalischen und geldpolitischen Problemen auseinandersetzen, die die USA zurzeit plagen. Wenn wir einmal von den wahnhaften Analysten absehen, ist sich praktisch jeder im Klaren darüber, dass die gigantischen Schulden der USA nie wieder zurückgezahlt werden können, sollte der US-Dollar seine jetzige Kaufkraft behalten.
Und: Wer ist denn allen Ernstes noch dazu bereit, das unstillbare Verlangen der USA nach immer größeren, exponentiell anwachsende Schuldenmengen zu finanzieren, nur damit die US-Regierung den Wohlfahrts- und Kriegsstaat über Wasser halten kann? Das Einzige, was zurzeit noch für das gescheiterte, in ein dahinsiechendes Weltwährungssystem eingebettete Fiatgeld-Experiment namens US-Dollar spricht, ist die Tatsache, dass es bisher keine funktionierende Alternative gibt.
Und genau dieses makroökonomische Umfeld und die US-Politik, mit der eine einst produktive Realgüter produzierende Wirtschaft ausgeweidet wurde, sind es dann auch, die dafür gesorgt haben, dass die USA mittlerweile nur noch über ein einziges Werkzeug verfügen, um den Status Quo aufrechtzuerhalten: Die bedingungslose Verteidigung der Rolle des US-Dollars als Reservewährung.
Das ist höchstwahrscheinlich auch das wirkliche Motiv hinter dem immer lauter werdenden Kriegsgetöse gegenüber dem Iran. Wenn die Welt vor Schurkenstaaten mit Atomwaffen bewahrt werden soll, ja warum hat man denn dann Nordkorea und Pakistan damit davonkommen lassen?
Im Gegensatz zum US-Einmarsch in den Irak, wo das ölreiche Land über keinerlei Verbündete verfügte, die ihm zur Hilfe eilten oder wenigstens in Form von Protest beistanden, entwickelt sich die Irankrise zusehends in ein wesentlich ernsteres geopolitisches Ereignis.
Und genauso wie es sich bei der Mehrzahl der Kriege lediglich um Nebelkerzen handelt, hinter denen sich im Verborgenen die Machtkämpfe zwischen den verschiedenen Herrscherklassen abspielen, scheinen nun auch die sich abzeichnenden Entwicklungen im Persischen Golf in genau diese Richtung zu gehen.
Wenn die Weltöffentlichkeit die oben aufgeführten Aspekte erst einmal richtig verinnerlicht hat, wird sich das Ganze als weltweiter Schock herausstellen. Dabei ist nicht nur schockierend, dass man sich letztlich für irgendeine Seite entscheiden muss, sondern auch die Tatsache, dass hier gerade im Geheimen alternative Finanzmechanismen entwickelt werden, und zwar von Nationen, von denen man eigentlich annahm, dass noch garnicht soweit sind, die Macht der westlichen Eliten in Frage zu stellen.
Nach Jahren der Spekulationen über das Schicksal des US-Dollars und die Frage, wie weit die westlichen Banker gehen würden, um ihr so einträgliches System zu verteidigen, stellt sich die Frage, ob die jüngsten Meldungen nicht in der Tat ein entscheidender Hinweisgeber und Weckruf sind.
Bedauerlicherweise ist es eine historische Tatsache, dass die Mehrzahl der bankrotten und überdehnten Imperien ihre Völker in katastrophale Kriege stürzte. Und wie bei allen Unternehmungen dieser Art handelt es sich dabei schlicht um das aussichtslose Unterfangen, das Unvermeidliche zu verhindern – z. B. ein schuldenbasiertes Papiergeldsystem aufrechtzuerhalten. Finanziell dürfte am Ende wahrscheinlich wieder einmal nur Gold überleben.