Die zurzeit einflussreichste Finanzorganisation auf dem Planeten, die International Swaps and Derivative Association, hat erklärt, dass ein 70%iger Schuldenschnitt bei griechischen Staatsanleihen nicht zur Folge hätte, dass die Kreditausfallversicherungen ausgezahlt werden müssen. Staatsanleihen sind somit nicht mehr versicherbar, die entstehenden Verluste werden künftig durch Gelddrucken finanziert. Es ist unwahrscheinlich, dass Gold angesichts dieser Meldung noch einmal substantiell einbrechen wird

Jim Sinclair, JSmineset.com, 02.04.2012

Im geschichtlichen Rückblick wird man sich speziell auf zwei maßgebliche finanzielle Großereignisse konzentrieren. Diese Ereignisse werden letztendlich zur Folge haben, dass ein neues Geldsystem geschaffen werden muss, bei dem sich die westlichen Zentralbanken im Handel untereinander einer virtuellen, goldgedeckten Währung bedienen werden, mit der die Geldmenge M3 gedeckt wird.

Ein solches entscheidendes Großereignis kennzeichnet sich dadurch, dass der Welt auf einmal die Möglichkeit eröffnet wird, in einen neuen Gang zu schalten und die Geschwindigkeit und Richtung der Wirtschaft zu verändern.

Das erste Großereignis fand statt, als sich die US-Notenbank Federal Reserve und das US-Finanzministerium dazu entschlossen hatten, die Rettung der prestigeträchtigen Investmentfirma Lehman Brothers nicht zu unterstützen. Durch diese ausbleibenden Stützungsmaßnahmen stießen sie die Firma in den Bankrott und sorgten dafür, dass alle Transaktionen, wo Lehman Brothers gegenüber anderen Parteien als Schuldner auftrat, platzten.

Zuvor hatte man sich für das gesamte Debakel der außerbörslich gehandelten Derivate eine einfache wenngleich hochumstrittene Lösung ausgedacht … Die Idee bestand ursprünglich darin, das gesamte globale Derivate-Problem in eine einzige „Derivate-Bank“ abzuschieben, wo alle Derivate ausgeglichen würden. Durch die Pleite von Lehman Brothers bestand aber auf einmal nicht mehr die Möglichkeit, die Kette aus Finanzderivaten auf null zu saldieren.

Um den gesamten außerbörslich gehandelten Derivate-Strang auf null zu saldieren, wäre es notwendig gewesen, dass die Gewinnerseite der Derivate-Kontrakte ihre Profite und die Verliererseite der Kontrakte ihre Verluste in ein und denselben Pool werfen. Dadurch wären die Gesamtverluste, die seit dem 1991, dem Beginn des weltweiten Derivatehandels, entstanden sind, ausgelöscht worden.

Dank der Pleite von Lehman Brothers brauchte man bisher aber bereits USD 20 Billionen an Liquidität, um die Gewinner der Kontrakte zu finanzieren, die bisher in unglaublichem Maße von dem durch den Steuerzahler finanzierten Geldsegen profitiert haben.

Die erzwungene Lehman-Pleite ist somit das entscheidende Großereignis, das uns die quantitativen Lockerungsmaßnahmen bescherte. Die dadurch geschaffenen Rettungsgelder wurden zur Finanzierung der Gewinne des westlichen Finanzsystems bereitgestellt. Der globale Wirtschaftsmotor wurde dadurch vom 5. Gang direkt auf den 1. Gang runter geschalten, was ihn fast zur Explosion brachte.

Und jetzt haben wir das zweite derartige Großereignis für die Wirtschaft der westlichen Länder, das dafür sorgen wird, dass die Wirtschafsmaschinerie aus dem 1. Gang direkt in den Rückwärtsgang geschaltet wird, was Getriebe und Motor gleichzeitig vernichtet.

Dieses Ereignis ist die Entscheidung der International Swaps and Derivatives Association (ISDA), den Schuldenschnitt bei den griechischen Anleihehaltern in Höhe von 70% nicht als „Kreditereignis“ anzusehen. „Kreditereignis“ ist die neumodische Bezeichnung für den schmutzigen Begriff Zahlungsunfähigkeit.

Die ISDA hat durch diese Entscheidung erklärt, dass man die sichersten Kredite überhaupt – Kredite an westliche Staaten – einfach in den Mülleimer hauen kann, ohne dass die Kreditausfallversicherungen dadurch schlagend würden.

Dadurch ist nun eine Ereigniskette ausgelöst worden, die dafür Sorge trägt, dass die vereinzelten quantitativen Lockerungsmaßnahmen – das Erbe des Großereignisses Lehman Brothers – in ewig anhaltende permanente Lockerungsmaßnahmen verwandelt werden. Diese permanenten Lockerungsmaßnahmen sind eine direkte Folge de zweiten Großereignisses, das seitens der ISDA verkündet wurde.

Die Götter des Mammons erklärten, dass 70% der griechischen Schulden wertlos sind, ohne dass irgendwer dafür die Verantwortung tragen würde oder Konsequenzen zu fürchten hätte. Da die aus dieser Nicht-Pleite Griechenlands entstandenen Verluste dem Bankensystem jedoch selektiv erstattet und ersetzt werden müssen, wird die Schaffung von Liquidität mit einmal Male zur tugendhaften Notwendigkeit.

Und jetzt anzunehmen, dass andere Länder, die mit denselben Problemen zu kämpfen haben, nicht auch dieselbe Behandlung einfordern werden, ist einfach nur verrückt. Zu glauben, dass die Privatwirtschaft, die mit denselben Problemen zu kämpfen hat, nicht dieselbe Behandlung verlangen wird, ist ebenfalls völlig irre. Nein, die Lockerungsmaßnahmen werden künftig vielmehr als segensreich dargestellt werden.

Noch einmal: Laut der mächtigsten Finanzorganisation auf dem Planeten, der ISDA, stellt ein 70%iger Schuldenschnitt Griechenlands kein Kreditereignis, also eine Zahlungsunfähigkeit dar.

Die ISDA verfügt heutzutage über mehr finanziellen Einfluss als die Regierungen. Durch das Urteil des Entscheidungsgremiums der ISDA wurde verhindert, dass die nominellen Werte aller Kreditausfallversicherungen (außerbörslich gehandelte Finanzderivate) zu realen Werten werden, die CDSs also nicht schlagend werden.

Laut Medienberichten hat sich die ISDA gegen Vorwürfe zur Wehr gesetzt, sie würde ihre Entscheidungsprozesse geheim halten. Die ISDA erklärte, eine Veröffentlichung der Protokolle des Entscheidungsgremiums sei nicht notwendig, da die Entscheidung einhellig gefallen sei.

Was von der Europäischen Zentralbank als „erfolgreicher Umgang mit dem griechischen Schuldenproblem“ beschrieben wurde, ist für die Menschheit in Wirklichkeit die absolute Katastrophe, da permanente Lockerungsmaßnahmen nun zur entscheidenden Lösung eines Problems avancieren, das heute noch größer ist, als es vor der Lehman-Krise ohnehin schon war.

Das Problem ist doch, dass der Berg an außerbörslich gehandelten Finanzderivaten überhaupt nicht angegangen wurde. Vielmehr wuchs dieser Derivate-Berg immer weiter an, und zwar so stark, dass er auch alle westlichen Staatsschulden erfasst hat – Schulden, die nun auf nationaler Ebene zu platzen drohen. Und diese Staatsschulden der westlichen Länder werden mit Sicherheit platzen, ganz egal, was die ISDA davon halten mag. Ein Großteil der westlichen Staatsschulden wird nicht zurückgezahlt werden, Punktum.

Die jetzt unbegrenzt einsetzenden Lockerungsmaßnahmen werden zur Folge haben, dass die Chinesen bei jeder neuen Reaktion des Goldpreises Aufkäufe einleiten werden. Das Goldpreisziel des technischen Analysten Alf Field von USD 4.500 pro Unze ist durch dieses zweite Großereignis nun ins Fadenkreuz gerückt worden.

Der Goldpreis dürfte von jetzt an auf anhaltend hohen Niveaus notieren, soviel ist mittlerweile sicher. Darüber hinaus werden die clever verwalteten Goldproduzenten auf aller Welt nun dazu übergehen, ihren Anteilseignern Dividenden auszuzahlen – ähnlich wie die großen Energieversorger. Gegenteilige Auffassungen sind nichts weiter als Übungen in ökonomischer Ignoranz. Sollte es zu Goldpreiskorrekturen kommen, werden diese künftig heftig und kurz ausfallen, soviel steht fest.

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