Die physische Angebotsverknappung bei Gold wird der Goldpreisdrückung der westlichen Zentralbanken bald ein Ende bereiten. Wenn dem Westen das Gold ausgegangen ist, dürften die Edelmetallpreise wieder merklich steigen
Henry Bonner, Sprott Asset Management, 15.05.2014
Eric Sprott, der Gründer und Vorsitzende von Sprott Asset Management, sagte vor kurzem, dass er aufgrund der hohen Goldnachfrage aus China und Indien mit einer „bedeutenden Neubewertung des Goldpreises“ und einer Angebotsverknappung rechnen würde. Diesen Effekt bezeichnet er als „chinesischen Goldstrudel“, bei dem physisches Gold in hoher Rate aus dem Westen abgezogen wird und in Richtung Asien fließt. Und wenn dem Westen das Gold ausgeht, dürfte der Goldpreis bedeutend steigen, so Sprott. Ich sprach mit Sprott nun bezüglich seines kurzfristigen Ausblicks:
Bonner: Was findet Ihres Erachtens zurzeit in den Edelmetallmärkten statt?
Sprott: Ich bin sehr begeistert, was die aktuellen Entwicklungen im Gold- und Silbermarkt anbelangt. Ich habe seit Ende 2012 darauf spekuliert, dass den westlichen Zentralbanken das Gold ausgehen könnte. Den Abverkauf von 2013 schreibe ich der Tatsache zu, dass die westlichen Banken irgendeine Möglichkeit finden mussten, um an neue physische Goldbestände zu gelangen. Und da der Goldpreis sank, wurde auch jede Menge Gold liquidiert, was dazu führte, dass die Goldversorgung im letzten Jahr um schätzungsweise 900 Tonnen stieg.
Schauen wir uns doch einmal die Zahlen an. Die jährliche Goldversorgung liegt bei rund 4.300 Tonnen. 3.000 Tonnen kommen aus der Goldminenproduktion und die anderen 1.300 Tonnen sind recyceltes Material. Und 2013 kamen zusätzliche 900 Tonnen Gold auf den Markt. Dieses Gold stammt aus den liquidierten Beständen börsennotierter Goldfonds (ETFs). Es kam also zu einer Angebotserhöhung von rund 21%.
Ehrlich gesagt glaube ich, dass das alles orchestriert wurde, um dieses zusätzliche Angebot zu schaffen. Zu dem Zeitpunkt, als der Goldpreis nach unten gehämmert wurde, setzte ein Tsunami an Goldkäufen ein. Indien kaufte von April bis Juni 2013 336 Tonnen. Ich bin mir sicher, dass die Zentralbanker daraufhin zur indischen Zentralbank gingen und sagten: „Ihr müsst die Leute davon abhalten, Gold zu kaufen.“
Die indische Zentralbank machte sich dann natürlich daran, eine Verordnung nach der anderen zu schaffen, um zu versuchen, die Menschen davon abzuhalten, Gold zu kaufen. Es gelang ihnen, die monatlichen indischen Goldimporte von dem normalen Einfuhrniveau von 80 Tonnen pro Monat auf rund 20 Tonnen pro Monat abzusenken. Es ist klar, dass bei diesen offiziellen Zahlen das nach Indien geschmuggelte Gold, das wahrscheinlich einen sehr großen Anteil der nach Indien eingeführten Goldmenge ausmacht, keine Berücksichtigung findet.
Und zur selben Zeit, als die Inder Gold kauften, sprangen die Chinesen ebenfalls auf den Zug auf. Die weltweite Goldminenproduktion ohne Russland und China – die ja dazu neigen, ihre eigene Goldminenproduktion nicht auszuführen – liegt bei rund 190 Tonnen pro Monat. Wir hatten also die Inder, die 50 Tonnen kauften, und die Chinesen, die 90 Tonnen kauften – da bleibt nicht mehr viel für den Rest der Welt. Der Blogger Koos Jansen von „In Gold We Trust“ sagt, dass allein die chinesische Goldnachfrage 2013 bei 2.000 Tonnen lag. Die Nachfrage lag also weit über dem Angebot.
Und aktuell gibt es auch interessante Meldungen aus Dubai, die das Angebots-Nachfrage-Ungleichgewicht betreffen. In Dubai gibt es eine Gruppe, die gegenwärtig eine Goldscheideanstalt errichtet, die pro Jahr 1.400 Tonnen Gold verarbeiten kann. Nun ja, die weltweiten Goldraffinerie-Kapazitäten liegen zurzeit bei rund 6.000 Tonnen. Und hier werden also noch weitere 20% an Kapazität hinzugefügt. Die jährliche Goldversorgung liegt aber weit unter dem, nämlich bei nur 4.300 Tonnen. Aber warum ist die Goldverarbeitungskapazität viel höher als die offizielle Goldversorgung?
Ich glaube daher, dass die Menge gehandelten Goldes viel höher sein muss als die offizielle Zahl von 4.300 Tonnen. Für mich ist es einfach nur ein weiteres Puzzlesteinchen – und diese Puzzlesteine weisen alle zu den Zentralbanken, die China heimlich mit Gold versorgen. Das Gold bei den Zentralbanken wird dort in Form von LBMA-Goldbarren gehalten, und diese LBMA-Barren werden dann in die in Asien bevorzugten Kilogrammbarren umgeschmolzen. Alles deutet in eine Richtung: Das Gold fließt aus den westlichen Zentralbanken in Richtung Asien ab.
Ein weiteres Puzzlesteinchen sind die aktuellen Bemühungen Deutschlands, sein Gold wieder nach Hause zu holen. Dieses Gold wird angeblich in den USA gelagert. Bisher hat Deutschland vom US-Finanzministerium aber lediglich 5 Tonnen zurückerhalten. Sie hatten um die Auslieferung von 300 Tonnen über einen Zeitraum von über 7 Jahren gebeten. Das würde rund 3,6 Tonnen pro Monat entsprechen.
Hier sollte auch angemerkt werden, dass die USA angeblich der weltgrößte Halter von physischem Gold sind. Laut den offiziellen Büchern müssten zu diesen Beständen auch 1.500 Tonnen Gold gehören, die für Deutschland verwahrt werden, und 8.100 Tonnen werden von den USA selbst gehalten. Also, warum wurden dann im letzten Jahr lediglich 5 Tonnen nach Deutschland geliefert?
Jetzt kamen ja auch die monatlichen Daten aus der Schweiz herein, die Auskunft darüber geben, wo die schweizerischen Goldeinfuhren herkommen. Im Februar kamen 114 Tonnen aus Großbritannien – also aus einem Land, das überhaupt kein Gold produziert. Also, wo kam das Gold her, das in die Schweiz gelangte? Wem gehörte es? Die offenkundigste Antwort wäre, dass es von der Bank von England oder aus den Beständen der ETFs stammt.
Und auch die US-Daten sind problembehaftet. Die U.S. Geological Survey hat gezeigt, dass die USA im Januar 80 Tonnen Gold exportiert haben. Die USA fördern aber lediglich 20 Tonnen pro Monaten und importieren weitere 20 Tonnen. Wo kamen also die zusätzlichen 40 Tonnen für die Goldexporte her? Wer hat dieses Gold bereitgestellt? Die wahrscheinlichste Antwort darauf dürfte sein, dass es das US-Finanzministerium war.
Der Grund, warum die westlichen Zentralbanken – speziell die USA – Asien mit Gold versorgen, ist, um den Preis für physisches Gold zu drücken. Die meisten Menschen sind sich ja im Klaren darüber, dass die niedrigen Zinsen und das Gelddrucken für den US-Dollar letztlich sehr schlecht sein werden. Eine Sache, die die Menschen umgehend auf die Gefahren für den US-Dollar hinweisen würde, wäre ein viel höherer Goldpreis. Daher gehört es zur Finanzpolitik, den Goldpreis niedrig zu halten.
All die Gelddruckmaßnahmen sind ja darauf ausgelegt, den USA dabei zu helfen, ihre enormen Verbindlichkeiten zu bedienen, zu denen aktuelle Schulden und außerbilanzliche Verbindlichkeiten von rund USD 80 Billionen gehören. Die jährlichen Steuereinnahmen der USA belaufen sich aber gerade einmal auf USD 2,8 Billionen, während die Staatsausgaben bei USD 3,5 Billionen liegen. Jeder weiß, dass es für die USA keine Möglichkeit gibt, die Verbindlichkeiten zu bedienen. Damit bleibt dann nur noch das Gelddrucken, um diese Finanzierungslücke zu schließen.
Am Ende wird bei all dem irgendjemand einen Fehler machen und versagen – und dann werden wir auch wissen, wie groß das Ausmaß der Goldmarktmanipulation wirklich ist. Höchstwahrscheinlich wird den USA das Gold ausgehen, mit dem sie den Goldmarkt versorgen. Und ich glaube nicht, dass das in allzu ferner Zukunft liegt.
Bonner: Glauben Sie, dass an dem Argument, es gäbe noch andere Quellen der Goldversorgung, die erklären würden, wie zurzeit so viel Gold zu den Chinesen gelangen kann, etwas dran ist? Also über den Schmuggel oder heimliche Exporte über das chinesische Schattenbankensystem?
Sprott: Das halte ich für unwahrscheinlich. Der chinesische Staat kontrolliert alle Goldexporte und da China ein Nettogoldkäufer ist, würden sie wahrscheinlich keinerlei Exporte erlauben.
Die Goldmengen, um die es hier geht, sind so groß, dass heimliche Quellen eher unwahrscheinlich sind. Es gibt nur einen Staat auf dem Planeten, der überhaupt 4.000 Tonnen Gold besitzt – und das sind angeblich die USA.
Ich denke, letztlich geht es allein darum, dass die politischen Entscheidungsträger einfach bloß versuchen, die Lage unter Kontrolle zu halten. Der Dollar ist unter extremen Druck geraten, und es sieht sogar so aus, als würde er wegbrechen. Das müsste bei den Menschen eigentlich dafür sorgen, dass sie in Gold gehen.
Das BIP-Wachstum der USA, das mit rund 0,1% veranschlagt wurde, dürfte für das erste Quartal 2014 wahrscheinlich sogar noch eine Abwärtskorrektur erfahren. Ich glaube nicht, dass in den USA derzeit irgendeine echte Wirtschaftserholung stattfindet, weil die Mittelschicht gegenwärtig schlicht und ergreifend fertiggemacht wird. Wir sehen keine realen Gehaltssteigerungen und die Inflation liegt weit über den offiziell verlautbarten VPI-Zahlen, die einfach bloß ein Witz sind. In der echten Welt wissen alle, dass die Inflation weit höher ist.
Meines Erachtens gibt es keine rationale Erklärung dafür, wo das Gold herkommen soll, wenn nicht von den Zentralbanken.
Bonner: Womit rechnen Sie am allgemeinen Aktienmarkt? Haben wir dort eine Spekulationsblase? Werden die Probleme am allgemeinen Aktienmarkt dafür sorgen, dass die Menschen in den Dollar stürmen?
Nun, es wird der Punkt kommen, an dem jedes einzelne Land die Währungen einer eigenständigen Bewertung unterziehen muss. Wie Sie wissen, lebe ich in Kanada, und wenn ich mir die Daten, die aus den USA kommen, so anschaue, kann ich Ihnen versichern, dass der US-Dollar eine Menge an Wert verlieren wird. Ich bin mir sicher, dass sich Länder wie China und Russland dieselben Daten anschauen und zu derselben Einschätzung gelangen.
Im Hinblick auf China und Russland sieht es so aus, als würden sie sich bereits vom Dollar abwenden. Brasilien und Indien haben sich auch schon über die Gelddruckmaßnahmen und die verheerenden Auswirkungen auf die Währungen beschwert. Sie könnten sich ebenfalls vom Dollar abwenden.
Ich bin mir nicht so sicher, ob der US-Dollar weiterhin die hohe Wertschätzung erfahren wird, die ihm historisch immer wieder zuteilwurde.
Und am allgemeinen Aktienmarkt hat sich die Situation bisher noch nicht verändert, aber wir beginnen nun, erste Risse zu sehen. Die US-Eigenheimdaten sind ziemlich schwach ausgefallen. Wir haben gesehen, dass die Technologie-Aktien unter Druck gerieten. Bei einigen großen Banken gibt es Warnungen bezüglich ihrer Handelsniveaus. Diese Aktien scheinen wegzubrechen. Die großen Titel geraten gegenwärtig also unter Druck.
Ich bin mir nicht sicher, wann der Rückgang einsetzen wird, aber ich bin mir sicher, dass der Wert dieser Aktien in 24 Monaten viel niedriger sein wird, als es heute der Fall ist. Ich glaube nicht, dass sie auch nur ansatzweise so sicher sind, wie die Bankenlobby behaupten würde.
Bonner: Welche Auswirkungen könnte die Lage in der Ukraine nach Ihrem Dafürhalten auf den Goldpreis haben?
Sprott: Nun, stellen Sie sich doch einmal vor, dass die Menschen in dieser Region – also in Ländern wie Rumänien oder Bulgarien oder in der Ukraine selbst – darüber nachdenken würden, jetzt einen Teil ihres Geldes in Gold zu stecken. Das bringt die Menschen ganz offenkundig in den Goldmarkt.
Ich ziehe mich aber nicht so gerne auf diese Art von Szenarien zurück, wenn ich Gründe für den Goldbesitz anführe. Das sind „Schwarze Schwäne“ für Gold. Stattdessen ziehe ich es vor, mich auf das Argument der physischen Angebotsverknappung zu konzentrieren, wenn es um die Frage geht, warum man Gold besitzen sollte, da ich der Meinung bin, dass die Faktenlage hier eindeutig ist. Die Mittel und das Motiv zur Goldpreisdrückung sind weithin bekannt. Und der physische Goldmarkt wird am Ende als Gewinner dastehen.
Gold wird von Schwarzen Schwänen profitieren – einem Krieg, Staaten, die Pleite gehen, oder der sich verschlimmernden Rezession. Diese Dinge können passieren, aber die Lage am Edelmetallmarkt ändert sich so oder so, völlig unabhängig von diesen Ereignissen.
Bonner: Glauben Sie, dass das Argument der physischen Angebotsverknappung auch bei Platin und Palladium zutrifft?
Sprott: Ja auf alle Fälle. In Wahrheit ist der Fall bei Platin und Palladium ja sogar noch beeindruckender als alles andere. Vor dem Hintergrund, dass Russland der größten Produzent dieser Metalle ist und Südafrika, das sich derzeit im Streik befindet, gleich an zweiter Stelle kommt, ist es meines Erachtens einfach nur erstaunlich, dass der Platinpreis und der Palladiumpreis bisher noch nicht explodiert sind.
Ich sehe natürlich auch, was sich in den Papiermärkten abspielt. Die großen Handelsbanken nehmen bei beiden Metallen immer größere Shortpositionen auf, was die Metallpreise nach unten treibt. Eine Erholung bei Platin und Palladium würde mit Sicherheit allen Edelmetallen dabei helfen, nach oben zu klettern, auch Gold und Silber.
Also ich finde, dass wirklich sehr viel für Platin und Palladium spricht.
Bonner: Was halten Sie von den Gerichtsverfahren, die jetzt in New York wegen der angeblichen Goldpreismanipulation stattfinden?
Sprott: Ich verfolge die Meldungen zu diesen Verfahren sehr genau. Ich habe mir die Gerichtsfälle durchgelesen und mit einigen an den Fällen beteiligten Rechtsanwälten gesprochen, bevor sie die Klagen eingereicht haben, um herauszufinden, was für Untersuchungen sie angestellt haben. In dem Wissen, was damit verdient werden könnte, haben die Anwälte eine ganze Menge an Arbeit investiert, um eine solide Sammelklage auf die Beine zu stellen.
Sollte die Sammelklage zugelassen werden, werden wir auch in der Lage sein, uns die Unterlagen anzuschauen und Näheres zu erfahren, beispielsweise wer innerhalb eines Tages 100% der jährlichen Silberversorgung verkauft hat und wer innerhalb eines Tages 50% der jährlichen Goldversorgung verkauft hat. Wo Rauch ist, ist auch Feuer – so sehe ich das.
Ich halte diese Klagen also nicht für ungerechtfertigt. Im Gerichtssaal tauchten vor zwei Tagen rund 20 Firmen auf, um darauf hinzuwirken, dass der Fall als Sammelklage klassifiziert wird. Da dürfte eine Menge an Geld und Einfluss investiert werden, um die Sache vor Gericht zu bringen. Basierend auf den Daten, die wir uns angeschaut haben, wird es einige Enthüllungen geben.
Ich würde auch gerne noch einmal auf die deutsche Regulierungsbehörde BaFin zurückkommen, die sagte, dass die möglichen Manipulationen beim Goldpreis sogar noch schlimmer sein könnten als beim LIBOR. Ich bin in der Tat überrascht, welche riesigen Mengen an Gold tagtäglich gehandelt werden. Die Profite, die durch die Manipulation des Systems eingefahren werden, sind beträchtlich – wir sprechen hier über Milliarden von Dollars, und die Preis-Fixing-Prozedur scheint ein absoluter Witz zu sein.
Wenn die Vorsitzenden des Preisfestsetzungsausschusses in London zusammenkommen, um den Goldpreis festzulegen, wissen rund vier oder fünf Menschen, wo der Preis nach dem Fixing liegen wird. Das sind wahrscheinlich dieselben Leute gewesen, die all das Trading drum herum betrieben haben, natürlich auch das Derivate-Trading, bei dem sich leichter Geld machen lässt, weil es ein viel größerer Markt ist.
Ich hoffe, dass die Gerichtsverhandlungen stattfinden werden und wir so in der Lage sind, die Beweise zu sehen, wer was die letzten 10 Jahre in diesen Märkten getan hat.