Michael Snyder, The Economic Collapse, 05.06.2015
Steht uns etwas bevor? Wie Sie im Folgenden lesen werden, verlangt die Europäische Union jetzt, dass jedes EU-Land innerhalb der nächsten 2 Monate eine „Bail-in“-Gesetzgebung in Kraft setzt oder ansonsten mit Strafmaßnahmen zu rechnen hat. Zu den Ländern, denen gedroht wird, gehören auch Italien und Frankreich. Wenn wir mal zwei Monate vorspulen, dann landen wir bei Anfang August. Es ist also klar, dass die Europäische Union noch vor Ende dieses Sommers alles abriegeln will. Gibt es einen Grund dafür? Rechnen sie mit irgendeinem schlimmen Ereignis im September oder danach? Warum die Eile?
Wir erinnern uns ja noch alle daran, was geschah, als die Großbanken während der letzten großen Finanzkrise Rettungspakete, also „Bail-outs“ erhielten. Den Großbanken wurden dabei unglaublich große Mengen an Steuergeldern gegeben, um sie zu stützen und vor dem Untergang zu bewahren. Das hat jede Menge Leute verärgert.
Nun, wenn die nächste große Finanzkrise in Europa zuschlägt, wird es dieses Mal aber keine „Bail-outs“ mehr geben. Stattdessen werden wir „Bail-ins“ sehen.
Und was ist ein „Bail-in“ genau? Bei einem „Bail-in“ werden die „Anspruchsberechtigten“ einer Bank zur Bank selbst, um die Bank solvent zu halten. Das bedeutet, dass die Geldgeber und Aktionäre potenziell alles verlieren könnten, sollte in Europa eine Großbank in die Pleite abrutschen. Und sollten ihre „Beiträge“ zur Rettung der Bank nicht ausreichen, müssen all jene, die privat Bankkonten bei dieser Bank haben, mit „Haircuts“ rechnen, so wie wir sie auch in Zypern sahen.
Fakt ist, dass die Perversion, die wir in Zypern sahen, praktisch als „Blaupause“ für einen Großteil der Gesetzgebung dient, die derzeit überall in Europa implementiert wird.
Das Entscheidende ist, dass es in der Europäischen Union kein einziges Bankkonto mehr geben wird, das wirklich noch sicher ist.
Eigentlich müsste jedes EU-Land eine solche „Bail-in“-Gesetzgebung bereits haben, aber es gibt einige Länder, die mit der Umsetzung etwas gebummelt haben. Daher gibt ihnen die Europäische Kommission nun eine Deadline. Laut Reuters hat jedes Land, das nicht innerhalb von 2 Monaten eine entsprechende Bail-in-Gesetzgebung verabschiedet, mit juristischen Strafmaßnahmen zu rechnen:
„Die Europäische Kommission gab Frankreich, Italien und neun anderen EU-Ländern am Donnerstag zwei Monate, um die neuen EU-Regeln zur Stützung scheiternder Banken umzusetzen, ansonsten hätten sie mit Strafmaßnahmen zu rechnen.
Die als ´Bank Recovery and Resolution Directive` (BRRD) bekannten Regeln zielen darauf ab, die Steuerzahler davor zu schützen, in Schwierigkeiten geratene Kreditnehmer zu retten, indem die Kreditgeber gezwungen werden, in einem unter ´Bail-in` bekannten Prozess zur Rettung beizutragen.“
Welchen Ländern wird derzeit gedroht?
Insgesamt sind es elf Länder. Das Folgende stammt von Mark O´Byrne:
„In dem [Reuters-]Artikel ´EU-Regulierer sagen 11 Ländern, sie sollen die Bail-in-Regeln umsetzen` heißt es, dass 11 Länder von der Europäischen Kommission unter Druck gesetzt werden und noch auf Linie gebracht werden müssen. Zu den Ländern gehören Polen, die Niederlande, Frankreich, Italien, Luxembourg, Bulgarien, Tschechien, Litauen, Malta, Rumänien und Schweden.
Bei Italien und Frankreich geht man davon aus, dass sie über besonders anfällige Bankensysteme verfügen.“
Aber warum gibt man ihnen nur 2 Monate, um das zu erledigen?
Also als ich Jura studiert habe, hatte ich auch ein komplettes Seminar zum Thema EU-Recht besucht. Normalerweise ist es so, dass es in Europa sehr lange dauert, bis überhaupt irgendetwas erledigt wird. Es passt gar nicht ins Bild, dass die Europäische Union so massiv darauf drängt, diese Regelungen derart schnell zu implementieren.
Rechnet die EU vielleicht damit, dass diese Gesetzgebung bereits in nächster Zeit gebraucht wird?
Was wir wissen, ist, dass die europäischen Staatsanleihen aktuell bereits crashen, und es sieht so aus, als würde die Europäische Zentralbank nun langsam die Kontrolle über die europäischen Finanzmärkte verlieren.
Darüber hinaus wissen wir, dass es in Griechenland einen anhaltenden Bank-Run gibt. Fakt ist, dass allein letzten Freitag EUR 700 Millionen von griechischen Bankkonten abgehoben wurden. Ich persönlich glaube, dass jeder, der noch irgendwelches Geld auf griechischen Bankkonten hat, völlig verrückt ist. Eines Tages, und das wird nicht mehr allzu lange hin sein, werden die Kunden griechischer Banken einen „Haircut“ hinnehmen müssen, genauso wie es in Zypern der Fall war. Das Folgende stammt vom Finanzblog Zero Hedge:
„Während die griechische Regierung glaubt, dass sie die Schlacht, wenn nicht gar den Krieg gegen Europa gewonnen hat, ist die Realität, dass Athen mit jedem weiteren Tag, den es ohne finanzielle Rückendeckung auskommen muss … einen Tag näher an den Totalzusammenbruch seines Bankensystems heranrückt.
Noch einmal zur Erinnerung: Die griechischen Banken sind heute bereits auf Notfall-Liquiditätskredite der EZB in Höhe von rund EUR 80,7 Milliarden angewiesen, was mit Stand zum 30.04. rund 60% der Gesamteinlagen des griechischen Finanzsystems entsprach. Mit anderen Worten: Griechenland ist schrecklich pleite – allein die Großzügigkeit der EZB verhindert bisher einen erzwungenen rund 40%igen ´Bail-in`-Haircut im Stile Zyperns.“
Aber Griechenland ist natürlich nur der Anfang. Ich rechne damit, dass am Ende weitere große Banken in ganz Europa abstürzen werden, während wir uns in die größte Finanzkrise aufmachen, die Europa jemals erlebt hat. Letzten Endes werden die Bankkunden in ganz Europa „Haircuts“ hinnehmen müssen, und das wird den kommenden Deflationszyklus in Europa nur noch viel schlimmer machen.
Ich rechne auch damit, dass sich die Ereignisse in Europa bis Ende 2015 noch massiv beschleunigen werden. Und offensichtlich sind die obersten politischen Entscheidungsträger der Europäischen Union ebenfalls besorgt, was die unmittelbare Zukunft anbelangt, sonst würden sie ja nicht mit einer solchen Eile darauf drängen, dass jedes einzelne EU-Land bis Ende dieses Sommers eine „Bail-in“-Gesetzgebung implementiert.
Zum Glück haben sich die USA nicht in dieselbe Richtung bewegt – zumindest bisher noch nicht. Es ist immer möglich, dass so etwas während einer „Notlage“ passieren kann. Das sahen wir in Zypern. Gegenwärtig scheinen europäische Bankkonten jedoch gefährdeter zu sein als US-Bankkonten.
Dennoch sollte niemand von uns allzu viel Vertrauen in US-amerikanische Großbanken haben. Seit dem Ende der letzten Finanzkrise agieren sie noch rücksichtsloser als zuvor. Aktuell halten die sechs größten US-Banken gemeinsam Finanzderivate mit einem Nominalwert von USD 278 Billionen. Es wird der Tag kommen, an dem die „systemrelevanten“ Banken zusammenbrechen werden, und das wird die US-Wirtschaft völlig lähmen.
Wir bewegen uns jetzt in eine Phase großer Finanzinstabilität. Und in einer solchen Phase ist es wichtig, dass man finanziell nicht alles auf eine Karte setzt. Wenn man diversifiziert ist, ist es schwieriger, das gesamte Vermögen durch ein einziges Ereignis zu verlieren.