Neue WikiLeaks-Dokumente offenbaren ein altbekanntes Muster: In Terroranschläge verstrickte islamistische Bombenleger und Al-Qaeda-Mitglieder stehen auf der Gehaltsliste der westlichen Geheimdienste. Gerne werden sie auch nach umfangreichen „Verhören“ wieder freigelassen, um gezielt Chaos zu stiften oder bei „demokratisch“ gesinnten Rebellen an der Seite der Freiheit zu kämpfen
The New American, Alex Newman, 27.04.2011
Ein in Algerien geborener Al-Qaeda-Terrorist, der unter anderem beschuldigt wurde, in Pakistan in zwei Kirchen Bombenanschläge verübt zu haben, arbeitete vor seiner Inhaftierung in Guantanamo Bay für den britischen und kanadischen Geheimdienst, wie aus seiner geheimen Häftlingsakte hervorgeht, die von WikiLeaks veröffentlicht wurde.
Das an die Öffentlichkeit gelangte Dokument, welches im Jahre 2008 vom US-Verteidigungsministerium erstellt wurde, beschreibt Adil Hadi al Jazairi bin Hamlili als einen Muslim mit einer derart extremen Einstellung, dass er sogar ein anderes Al-Qaeda-Mitglied tötete, um seiner Interpretation der Scharia, dem islamischen Recht, Geltung zu verschaffen.
„Der Gefangene wird als Al-Qaeda-Agent, als ein Möglichmacher, Kurier, Kidnapper und Mörder mit zahlreichen Verbindungen zu führenden Al-Qaeda Mitgliedern eingestuft,“ heißt es in der Akte des US-Verteidigungsministeriums.
Aber der mutmaßliche Terrorist arbeitete auch für die westlichen Geheimdienstbehörden. In der Häftlingsakte wird seitens eines Analysten unter Berufung auf andere Regierungsbehörden ausgeführt:
„Im Dezember 2000 wurde der Gefangene als [Geheimagent] für den [kanadischen Geheimdienst, CSIS] und den [britischen Geheimdienst, MI6] angeworben, da er über Kontakte zu verschiedenen mit Al-Qaeda in Verbindung stehenden Terrorgruppen verfügte, welche in Afghanistan und Pakistan operierten,“
Aus dem an die Öffentlichkeit gelangten Dokument geht hervor, dass Bin Hamlili für Großbritannien und Kanada als Spion tätig war, bis ihn die pakistanischen Behörden im Jahre 2003 festnahmen.
Die Festnahme geschah zu einer Zeit, wo er angeblich an einer Serie von mindestens drei Bombenanschlägen – „wohlmöglich als Anführer“ – beteiligt gewesen ist. Die Anschläge wurden auf zwei Kirchen und ein Luxushotel in Pakistan verübt. Bei einem dieser Anschläge kamen ein amerikanischer Diplomat und seine Tochter ums Leben.
Es scheint so, als hätte bin Hamlili während der Verhöre durch US-Beamte eingeräumt, für ausländische Geheimdienstbehörden gearbeitet zu haben. „Der Gefangene erklärte, dass er in Kabul, Afghanistan der Canadian Foundation vorgestellt wurde,“ so die kanadische Zeitung The Globe and Mail unter Berufung auf eine mittlerweile öffentlich gemachte Zusammenfassung einer seiner Vernehmungen. „Sie leisteten dem Gefangenen finanzielle Unterstützung, und er musste im Gegenzug Informationen zu den Aufenthaltsorten und Aktivitäten von Al-Qaeda-Mitgliedern liefern.“
In der an die Öffentlichkeit gelangten Gefangenenakte des US-Verteidigungsministeriums wird jedoch behauptet, dass er „während seines Dienstes [als Geheimdienstagent für den britischen und kanadischen Geheimdienst] wichtige Informationen zurückhielt.“ Diese Behauptung führte in den Medien zu Spekulationen, dass es sich bei bin Hamlili vielleicht auch um einen Doppel- oder Dreifachagenten gehandelt haben könnte.
Und obwohl die US-Beamten zu der Schlussfolgerung gelangten, dass Hamlili ein „hohes Risiko“ sei und „für die USA, ihre Interessen und ihre Alliierten wahrscheinlich eine Bedrohung darstellt“, wurde er im Jahre 2010 unter mysteriösen Umständen ohne Anklageerhebung freigelassen. Und keiner scheint zu wissen, wo er hinging, nachdem man ihn in Algerien freiließ.
Vor der US-Invasion in Afghanistan im Jahre 2001 war bin Hamlili als Diplomat und Spion für das afghanische Taliban-Regime tätig. Als junger Militant kämpfte er gemeinsam mit den von den USA unterstützten Mudschaheddin gegen die sowjetischen Besatzer des Landes. Die Mudschaheddin sind ein Vorläufer von Al-Qaeda und anderen islamistischen Terrorgruppen. Laut dem Dokument reiste er rund um den Globus und arbeitete für verschiedene extremistische Organisationen.
The Globe and Mail wies darauf hin, dass die Informationen, bin Hamlili sei in der Tat an Terroranschlägen beteiligt gewesen, zum Teil von Khalid Sheikh Mohammed stammten. Mohammeds Aussagen werden jedoch mit Skepsis betrachtet, da der US-Geheimdienst CIA mithilfe von Folter an diese Informationen gelangte.
Was jedoch mit Sicherheit gesagt werden kann, ist, dass es sich bei Hamlili nicht um den ersten Geheimagenten der westlichen Regierungen handelt, der in Terroranschläge verstrickt ist. Wie The New American im vergangenen Jahr berichtete, handelte es sich bei dem „früheren“ US-Geheimagenten David Coleman Headley um einen der maßgeblichen Verschwörer bei den Terroranschlägen im Mumbai im Jahre 2008, bei denen mehr als 150 Zivilisten ums Leben kamen.
Im Jahre 2005 eröffneten britische Sondereinsatzkräfte – die in einem mit Raketen vollgepackten Auto herumfuhren und sich mit Perücken und Umhängen als Araber verkleidet hatten – das Feuer auf irakische Polizisten. Nachdem sie verhaftet wurden, stürmte die britische Regierung das Gefängnis, um sie zu befreien, und behauptete, dass die irakische Polizei von „Militanten infiltriert“ worden sei, welche die Besatzung der westlichen Truppen nicht unterstützen würden.
Neben den Informationen, die über Hamlili an die Öffentlichkeit durchsickerten, gelangten auch hunderte weiterer Dokumente an die Öffentlichkeit. Darunter befanden sich auch Unterlagen über einen anderen Guantanamo-Häftling, den die US-Regierung als ein „mittleres bis hohes Risiko“ und als ein „wahrscheinliches Mitglied von Al-Qaeda“ ansah.
Dieser ehemalige Gefangene dient nun als amerikanischer Alliierter in einer von den Vereinten Nationen gestützten Militärkampagne, die darauf abzielt, den libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi zu stürzen.
The New American hatte bereits Ende März dieses Jahres darüber berichtet, dass von verschiedenen hochrangigen Führern der libyschen Rebellion – die aktuell Waffen und Luftunterstützung seitens der USA erhalten – bekannt ist, dass sie mit Al-Qaeda in Verbindung stehen. Kritiker sagen, dass die Verwirrung und die sich ständig verändernden Allianzen die Absurdität und die Gefahr der amerikanischen Außenpolitik veranschaulichen.
Die Obama-Regierung verurteilte die „illegalen“ Veröffentlichungen. Sie erklärte, dass die Dokumente „vielleicht oder vielleicht auch nicht“ die aktuelle Einschätzung der US-Regierung zu den einzelnen Häftlingen darstellen könnten.