Eric Sprott & David Franklin, Sprott Asset Management, 12.06.2013

Im März dieses Jahres schockte Jeroen Dijsselbloem, der Chef der Finanzminister der Eurozone, die Märkte mit anscheinend spontanen Kommentaren, mit denen er nahelegte, dass die Banken-Lösung für Zypern „als Modell für den Umgang mit künftigen Bankenkrisen“ dienen wird.

Den Einlegern Europas lief kollektiv der Schauer über den Rücken – könnten die Banken tatsächlich in einer Art von Halsabschneiderei die Gelder der Einleger konfiszieren? Ja, das könnten sie in der Tat, und letzte Woche veröffentlichte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die Zentralbank der Zentralbanken, etwas, das wir als „Vorlage“ bezeichneten; eine Blaupause, in der dargelegt wird, wie mit einer künftigen großen Bankenpleite umzugehen sei und welche Bedingungen erfüllt sein müssten, bevor man zur Rettung die Einlagen heranzieht.

In ihrem kürzlich veröffentlichten Dokument mit dem Titel „Eine Vorlage für die Rekapitalisierung systemrelevanter Banken“ sprechen sich die Autoren Paul Melaschenko und Noel Reynolds für einen „einfachen“ Mechanismus zur Rekapitalisierung scheiternder Banken aus, ohne dass dabei Steuerzahlergelder herangezogen werden müssen.

Sie schlagen einen Prozess vor, bei dem die Eigentümerschaft einer Bank, wenn sie den Punkt der Pleite erreicht hat, in eine neue, übers Wochenende geschaffene Holding übertragen wird und eine Rekapitalisierung erfolgt. Und ja: Dieses Szenario beinhaltet auch Verluste für die Einleger, sollten ihre Einlagen über ein bestimmtes Limit hinausgehen. Und, schwuppdiwupp, schon hat man eine neue Bank mit einer sauberen Bilanz, die wieder Liquiditätshilfen von der entsprechenden Zentralbank erhalten kann, ohne dass man ihr Zuwendungen, Rettungspakete, TARP-Programme oder irgendwelche anderen Arten staatlicher Unterstützung zukommen lassen müsste.

Die einstigen Halter von Anleihen und Aktien sowie die Einleger der Pleitebank würden dann Anteile an der neuen Bank erhalten. Diese „Vorlage“ stellt sicher, dass „Aktienhalter und nicht versicherte Gläubiger des Privatsektors [das heißt: Einleger und Anleihehalter] solcher Banken die Kosten für die Abwicklung tragen, nicht der Steuerzahler.“

Und obwohl dieses Rahmenwerk derzeit lediglich in einem Diskussionspapier beschrieben wird, bestätigt das unsere Vorahnungen. Während die alte Blaupause darin bestand, einen „Bail-out“ der Banken durchzuführen, indem die Giftmüllpapiere des Privatsektors zum Steuerzahler transfiert werden, wird nun der „Bail-in“ gefordert. Beim „Bail-in“-Modell wird das Risiko auf die betroffene Institution eingegrenzt – und zwar auf Kosten der Aktieneigner, Anleihehalter und letztlich auch der Einleger.

Und bei der Stegreif-Bombe, die Dijsselbloem während der Zypern-Bankenkrise auf die Märkte abwarf, handelte es sich keineswegs um irgendeinen verpeilten Kommentar – sondern genau das wird jetzt in Europa und anderen großen Bankzentren zur Realität.

Wir sind der Auffassung, dass das Problem mit den Banken von einem zu stark gehebelten Bankensystem herrührt, das immer noch nicht unter Kontrolle gebracht wurde. Traditionell war es so, dass die Banken ihr Fremdkapital abbauen würden, indem sie Teile ihrer Kreditportfolien an andere Banken verkauften – aber seit 2008 fand dies in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr statt, weshalb die Verschuldung auf einem hohen Niveau verharrte.

Fakt ist, dass es kürzlich sogar direkt vor der eigenen Haustür von Dijsselbloem ein Beispiel eines „Bail-outs“ gab, das herausstreicht, dass das System nach wie vor mit der Überschuldung der Banken zu kämpfen hat. In diesem Fall haben die Niederlande die SNS Reaal, eine Banken- und Versicherungsgruppe, in einer USD 14 Milliarden schweren Rettungsaktion verstaatlicht, was die anhaltende Gefährdung des europäischen Bankensektors herausstreicht.

Das Wall Street Journal meldete:

„Die staatliche Rettung war unvermeidlich, nachdem SNS Reaal unter einem Bank-Run auf die Einlagen litt und dabei scheiterte, eigenständig Kapital aufzutreiben […] Der niederländische Staat wird EUR 2,2 Milliarden in das Unternehmen stecken, EUR 800 Millionen aus früheren Rettungen und EUR 700 Millionen beim Wert der faulen Immobilienkredite von SNS Reaal abschreiben. Und er wird darüber hinaus EUR 6,1 Milliarden an Krediten und Garantien bereitstellen … Die Last der Steuerzahler wird durch einen EUR 1 Milliarde Beitrag anderer niederländischer Banken in Form einer Sonderabgabe ein wenig abgefedert werden.“

Erkennen Sie das Muster? Bank-Runs der Einleger lösen die Rettung einer überschuldeten Bank aus, was zu einer Abschreibung der Giftmüllpapiere und weiteren staatlichen Krediten und Garantien führt. All das hat Dijsselbloem im Namen der Niederländer getan. Es dürfte wahrscheinlich das letzte Mal gewesen sein, dass wir so eine Art der Rettung gesehen haben, da wir nun die neue „Vorlage“ haben, deren Präzedenzfall Zypern gewesen ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass im Fall von SNS Reaal – soweit wir wissen – „Bail-ins“ der niederländischen Einleger nicht in Erwägung gezogen wurden.

Mittlerweile ist klar, dass die Überschreitung des Rubikon hin zur Beschlagnahmung der Gelder der Einleger keine einmalige, nur auf Zypern beschränkte Notmaßnahme gewesen ist. Wir können nur darüber spekulieren, was der Grund für diese neuen Regeln war. Vielleicht würde die Öffentlichkeit nicht mehr länger tolerieren, dass Steuerzahler-Gelder zur Rettung von Banken eingesetzt werden? Vielleicht ist das der Anfang eines Angriffs auf ausländische Finanzoasen? Oder vielleicht hoffen die Regulierungsbehörden, den Banken so etwas Marktdisziplin auferlegen zu können, indem sie die Einleger zwingen, sich zuerst die Bilanzen anzuschauen, bevor sie ein Bankkonto eröffnen. Was auch immer die Motivation gewesen sein mag, wir haben es hier mit einer maßgeblichen Trendwende zu tun.

Und was sind nun die Auswirkungen dieser neuen „Blaupause“ für die Anleger? Aus rechtlicher Sicht wird das Geld, das man auf einem Bankkonto hinterlegt, zu einer Verbindlichkeit der Bank. Mit den Geldern, die über den versicherten Betrag hinausgehen, wird man ein „nicht versicherter Gläubiger“ mit einer Forderung gegenüber einer Bank, sollte diese pleitegehen; Ihre Einlagen würden in diesem Fall gemeinsam mit den anderen Vermögenswerten in einen Topf geworfen und unter anderen Gläubigern aufgeteilt.

Wir raten allen Anlegern dringend, alle Einlagen, die über den besicherten Beträgen liegen, nur als so sicher zu erachten, wie es die Kreditwürdigkeit und die Kapitalstruktur der entsprechenden Bank nahelegen. Nur wenn man weiß, wo man in der „Hackordnung“ der Gläubiger steht, ist man in der der Lage, der Dijssel-Bombe in der nächsten Phase der anhaltenden Finanzkrise aus dem Weg zu gehen.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner