Michael Snyder, The Economic Collapse, 29.01.2015
Die Hinweise auf die bevorstehende Entwicklung finden sich überall – das Einzige, was man tun muss, ist, die Augen zu öffnen und sich umzuschauen. Wenn eine schwangere Frau erstmals ihre Geburtswehen merkt, liegen die Wellen der Wehen noch nicht so nahe beieinander. Doch umso stärker sich die Geburt nähert, desto häufiger und intensiver fallen die Wehen aus.
Was wir wirtschaftlich gerade mitverfolgen können, sind die Geburtswehen der bevorstehenden Wirtschaftsdepression. Und umso stärker wir uns der Krise nähern, desto stärker werden diese Geburtswehen ausfallen.
Der Baltic Dry Index fiel diese Woche beispielsweise auf den niedrigsten Stand der letzten 29 Jahre. Der Baltic Dry Index crashte auch während des Finanz-Zusammenbruchs in 2008, doch aktuell notiert er sogar noch niedriger als zu irgendeinem Zeitpunkt während der letzten Finanzkrise.
„Dr. Kupfer“ und andere wichtige Industrie-Rohstoffe setzen unterdessen ihre Preiseinbrüche fort. Das passiert praktisch immer, bevor wir einen wirtschaftlichen Abschwung einleiten. Und ich habe ja kürzlich erst darauf hingewiesen, dass die Auftragseingänge des US-Fertigungssektors nun wieder zurückgegangen sind. Das ist ebenfalls ein traditionsreicher Indikator, der auf den Beginn einer Rezession hinweist.
Die Warnhinweise sind da, wir müssen einfach nur die Augen öffnen und uns diese Hinweise auch anschauen.
Und natürlich gibt es eine ganze Reihe weiterer Parallelen zwischen früheren wirtschaftlichen Rückgängen und den heutigen Geschehnissen.
Beispielsweise sind die Märkte jetzt wieder außerordentlich volatil geworden. Am Dienstag ging der Dow Jones um rund 300 Punkte zurück, am Mittwoch büßte er nochmals ein paar hundert Punkte ein und am Donnerstag stieg er dann wieder um ein paar hundert Punkte.
Genauso verhalten sich Märkte, kurz bevor der Crash einsetzt. Wenn Märkte ruhig sind, neigen sie zu Anstiegen, und wenn sich die Märkte relativ wild bewegen und starken Schwankungen unterliegen, verrät uns das gewöhnlich, dass eine große Abwärtsbewegung einsetzt.
Zur selben Zeit brechen praktisch alle großen weltweiten Währungen gegenüber dem US-Dollar ein.
Der Zusammenbruch des Euros bereitet mir besonders große Sorgen. Die Schweiz hätte den Schweizer Franken nicht vom Euro abgekoppelt, wenn die europäische Einheitswährung gesund wäre. Und die politischen Ereignisse in Griechenland tragen mit Sicherheit nicht zur Stabilität des Euros bei. Zur selben Zeit verschlechtern sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa zusehends, und die Zukunft der Eurozone selbst wird nun immer ungewisser. Sollte die Eurozone auseinanderbrechen, ist eine Wirtschaftsdepression in Europa so gut wie sicher – zumindest kurzfristig.
Und den Ölpreiscrash habe ich ja noch gar nicht erwähnt.
Der Ölpreis ist nur ein einziges anderes Mal um mehr als USD 60 pro Barrel eingebrochen – und das war direkt vor der entsetzlichen Finanzkrise von 2008.
Seit der letzten Finanzkrise war die Ölbranche in den USA ein enormer Wachstumsmotor. Der folgende Auszug stammt von einem aktuellen CNN-Artikel:
„Die Ölbranche hat seit dem Ende der Rezession im Juni 2009 über ein halbe Million neue Arbeitsplätze geschaffen – zahlreiche dieser Arbeitsplätze werden sehr gut bezahlt. Das entspricht 13% aller während dieser Phase neu geschaffenen Arbeitsplätze in den USA.
Jetzt entlassen die Energieunternehmen und andere mit dieser Branche in Zusammenhang stehende Sektoren tausende von Arbeitnehmern. Bären sagen, dass man davon ausgehen sollte, dass dieser Trend weiter anhalten wird.“
Aber der Verlust von guten Arbeitsplätzen ist nur die Spitze des Eisbergs bei der aktuellen Öl-Krise.
Der Ölpreis ist bereits auf ein katastrophal niedriges Niveau eingebrochen. Umso länger der Ölpreis auf diesem niedrigen Niveau verharrt, desto mehr Schaden wird er anrichten. Sollte der Ölpreis das gesamte Jahr über auf diesem Niveau bleiben, werden wir mit einem vollständigen Finanz-Albtraum konfrontiert werden. In einem Artikel von Shtfplan.com wird dazu angemerkt:
„Die Öl-Exporteure ziehen nun erstmals seit 18 Jahren Liquidität aus den Weltmärkten ab, anstatt diese mit Geld zu versorgen. Die Welt nähert sich nun mit Riesenschritten einem tiefgreifenden Paradigmenwechsel bei der Weltwährung an. Sollten wir diesen Ölpreis auch noch in 8 oder 12 Monaten sehen, wird es die US-amerikanische Schieferölbranche auslöschen. Die Auswirkungen auf die Ramschanleihen werden sich dann bis zum Aktienmarkt und dem Rest der US-Wirtschaft durchfressen […]
Und dieses Mal wird es nichts mehr geben, womit man dieses fallende Messer auffangen könnte, bevor es sich in das Herz der amerikanischen Wirtschaft bohrt. Weder die US-Notenbank Federal Reserve noch die US-Regierung können die bevorstehende Entwicklung aufhalten. Die Liquidität wird austrocknen, unsere Bonität wird heruntergestuft werden und der Aktienmarkt wird einen Einbruch einleiten – und dann können wir auch damit rechnen, dass die Fed einspringen und den Dollar hyperinflationieren wird. Das wird dafür sorgen, dass die Welt die Leitwährung aufgeben wird – es wird das Ende des Petrodollars sein.“
Etwas, das ich dieses Jahr im Hinblick auf die heraufziehende Krise noch nicht besprochen habe, sind die Schulden in den Schwellenmärkten.
Während sich die wirtschaftlichen Probleme weltweit immer stärker ausbreiten, gibt es eine Reihe von „Schwellenmärkten“, die Gefahr laufen, dass ihre Schulden abgewertet werden. Und viele Investment-Fonds unterliegen strengen Regeln, die es ihnen verbieten, Schulden zu halten, die nicht über eine erstklassige Bonität verfügen. Daher könnte es durchaus sein, dass einige dieser großen Fonds riesige Mengen an Schwellenmarkt-Schulden einfach auf den Markt werfen werden, sollten Bonitätsherabstufungen erfolgen.
Das ist ein echtes Problem. In einem kürzlich veröffentlichten Business Insider Artikel wird davon gesprochen, dass es hier um hunderte Milliarden von Dollars gehen könnte:
„Russland verlor bei Standard & Poor´s diese Woche seinen Investmentstatuts – das war das erste Mal seit 10 Jahren, dass dies einem großen Wirtschaftsraum widerfahren ist. Es verlor das höchste Kreditrating, bei dem davon ausgegangen wird, dass die Kredite lediglich über ein geringes Ausfallrisiko verfügen.
Wenn Moody´s und Fitch dieser Bonitätsabwertung folgen, könnte es sein, dass konservative Anleger die Ramschpapiere nicht mehr halten dürfen und ihre Bestände verkaufen müssen. JPMorgan geht davon aus, dass in diesem Fall USD 6 Milliarden an Rubel- und Dollarschulden auf den Markt geworfen werden könnten.
Und Russland dürfte damit nicht alleine dastehen. Aktuell gibt es Staatsanleihen und Unternehmensanleihen im Wert von knapp USD 260 Milliarden – also fast 10% aller ausstehenden Schulden der Schwellenmärkte – die in Gefahr sind, auf Ramschstatus abgewertet zu werden, so David Spegel, der Chef für Schwellenmarktschulden bei BNP Paribas, der diese Kredite als ´fallende Engel` bezeichnet.“
Ja und mein Artikel wäre natürlich nicht vollständig, wenn wir hier nicht auch noch auf die Finanzderivate eingehen würden.
Die Gefahr, die von der USD 700 Billionen schweren Finanzderivateblase für das Weltfinanzsystem ausgeht, kann gar nicht überschätzt werden.
Wenn wir in die kommende Große Depression eintreten, werden die Derivate eine Hauptrolle spielen. Wall Street wurde von den weltweiten Zentralbanken mit Spielgeld vollgepumpt, und unsere Finanzmärkte haben sich in das größte Casino der Menschheitsgeschichte verwandelt. Wenn dieses Kartenhaus zusammenbricht – und das wird passieren –, wird es ein Finanzdesaster geben, wie es unser Planet noch nicht gesehen hat.
Und ja, die weltweiten Zentralbanken tragen einen sehr großen Teil der Verantwortung für die Dinge, mit denen wir schon bald konfrontiert sein werden. David Stockman sagte dazu vor wenigen Tagen:
„Dank sechs Jahren des massiven Gelddruckens durch praktisch alle weltweiten Zentralbanken ist das Weltfinanzsystem nun buchstäblich vermint und wartet nur auf eine Katastrophe.
Die Gesamtbilanz der großen weltweiten Zentralbanken ist innerhalb der letzten 6 Jahre um fast USD 11 Billionen in die Höhe geschossen, und das bedeutet, dass die ehrliche Preisfindung im Grunde vernichtet wurde. Diese enormen ´Gebote` für bestehende Finanzvermögenswerte – mittels aus dem Nichts geschaffenen Kredit – haben dazu geführt, dass die langfristigen Zinssätze jetzt so tief notieren wie seit der Pest, also seit 600 Jahren nicht mehr. Die Geldmarktkosten liegen nun schon seit 73 Monaten bei null.
Doch was sind die Folgen dieser drastischen Finanzrepression im Hinblick auf die Zinskurve? Die Antwort ist, dass die Anleihepreise immer weiter steigen, völlig ungeachtet der Kreditrisiken, der Inflation oder der Steuerlast; und die wilden Carry-Trade-Spekulationen halten ebenfalls weiter an, weil die Zentralbanken dafür gesorgt haben, dass die Kosten für die Finanz-Zocker – also die ´Finanzierungskosten` für ihre Trades – jetzt im Grunde bei null liegen.“
Ich bin natürlich nicht der Einzige, der davor warnt, dass uns eine Große Depression bevorsteht. Nehmen wir beispielsweise das, was der britische Hedge-Fonds-Manager Crispin Odey zu sagen hat:
„Der britische Hede-Fonds-Manager Crispin Odey glaubt, dass wir nun in einen wirtschaftlichen Abschwung eingetreten sind, ´an den man sich wahrscheinlich noch in 100 Jahren zurückerinnern wird`, und die Zentralbanken nicht in der Lage sein werden, ihn aufzuhalten.
In seinem Odey Asset Management Investoren-Brief vom 31.12.2014 schreibt er, dass die Shorting-Möglichkeiten ´ genauso vielversprechend aussehen wie von 2007 bis 2009.`
´Mein Punkt ist, dass wir unsere gesamte geldpolitische Feuerkraft dafür eingesetzt haben, um den ersten Abschwung von 2007 bis 2009 zu verhindern … wir befinden uns nun also tatsächlich an einem gefährlichen Punkt, wo wir versuchen, uns den Auswirkungen eines sich abschwächenden Chinas und fallender Rohstoff- und Edelmetallerträge sowie den ultimativen Erste-Welt-Problemen in den Weg zu stellen. Das ist das Entscheidende. Sollte die Wirtschaftsaktivität nicht anziehen, sondern stattdessen ins Stottern geraten, werden wir es mit einer schmerzlichen Runde an Schuldenausfällen zu tun bekommen.`“
Und während der Durchschnittsbürger in der Regel keine Ahnung davon hat, was sich derzeit abspielt, finden sich unter der Elite viele, die die Warnhinweise erkennen und fieberhaft darum bemüht sind, sich vorzubereiten. Beispielsweise erklärte Robert Johnson einer verblüfften Zuhörerschaft beim Weltwirtschaftsforum in der Schweiz, dass sie „Landebahnen und Farmen in Orten wie Neuseeland kaufen“. Sie können den entsetzlichen Sturm erkennen, der sich am Horizont zusammenbraut, und bereiten sich darauf vor, solang die Lage noch relativ günstig ist.
Es kann extrem frustrierend sein, über die Wirtschaft zu schreiben, da es in der Finanzwelt manchmal unglaublich lange dauert, bis die Ereignisse dann tatsächlich eintreten. Und bedauerlicherweise verfügen die meisten Menschen heutzutage nur über eine sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne. Wir leben in einer Welt der iPhones, iPads, YouTube-Videos, Facebook-Updates und 48-Stunden-Nachrichtenzyklen. Die Menschen sind es heutzutage nicht mehr gewohnt, in längerfristigen Zeiträumen zu denken, und wenn etwas nicht unmittelbar passiert, neigen sie dazu, das Interesse zu verlieren.
Aber die Weltwirtschaft funktioniert nun einmal nicht wie irgendein „Angry Birds“-Spiel. Sie ist eher mit einem Schachspiel zu vergleichen. Und zu unser aller Leidwesen, stehen wir jetzt kurz vor einem Schachmatt.